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Arzneimittelforschung: Umbruch erst am Anfang  
  Der durch Molekularbiologie und moderne Chemie erwartete Umbruch in der Arzneimittelforschung ist erst am Anfang - das ist das Fazit einer in Wien tagenden Expertenkonferenz des Pharmakonzerns Novartis.  
Stagnation bei Innovationen
"Wenn man sich die Zahlen der von allen großen Pharmakonzernen in den vergangenen Jahren neu zugelassenen Innovationen ansieht, dann haben sie stagniert. Da ist es klar, dass man fragt, warum das so ist. Immerhin kennen wir ja mittlerweile die Zahl der Gene des Menschen. Wir haben das High-Throughput-Screening nach neuen Wirksubstanzen und die kombinatorische Chemie", sagte Mark C. Fishman, Präsident der Novartis Institute für biomedizinische Forschung (NIBR).

Durch die automatisierten Screening-Programme können binnen kürzester Zeit tausende Substanzen getestet werden, die kombinatorische Chemie liefert neue Moleküle am laufenden Band.
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Konferenz nach Konzern-Umstrukturierung
Fishman, selbst Kardiologe und Genetiker (ehemals an der Harvard Medical School), hatte mit der Neuausrichtung der Forschungsstruktur des originär Schweizer Pharmakonzerns auch die heikle Aufgabe, den Hauptsitz dieser zentralen Konzernagenden von Basel nach Cambridge im US-Bundesstaat Massachusetts zu übersiedeln. Die Konferenz in Wien mit rund 800 Teilnehmern, soll demnach viele der weltweit rund 2.800 Wissenschaftler des Konzerns zusammen bringen.
->   Novartis
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Genomforschung führte zu zuviel Optimismus
In der Entwicklung neuer Arzneimittel gab es vor einigen Jahren erheblichen Optimismus bezüglich schneller Durchbrüche. Doch die blieben - bis auf einige Biotech-Medikamente - bisher aus.

Fishman: "Es war offenbar ein bisschen naiv, zu glauben, dass wir sofort viele Erfolge erzielen werden. Wir werden die Erfolge aus der Genomforschung nicht bekommen, bevor wir nicht die Gene mit ihren Funktionen in Verbindung gesetzt haben, bevor das menschliche Genom nicht 'funktionalisiert' wurde."
Zeitraum von Prinzip-Entdeckung zu Therapie wird kürzer
Damit - so der US-Wissenschafter - könnte sich jedenfalls der Zeitraum von der Entdeckung möglicher Therapie-Prinzipien bis zu deren Umsetzung deutlich verkürzen.

Fishman: "Wenn man sieht, welche modernen Arzneimitteln für spezifische Wirkungsmechanismen wir haben, dann muss man beispielsweise bei den Statinen (Cholesterin-Senker, Anm.) sagen, dass der Beginn ihrer Entwicklung vor 30, 40 und mehr Jahren stattfand. Am Beginn der Statine stand 1948 der Start der Framingham-Studie. Die Translokation von Chromosomen-Abschnitten (chronisch myeloische Leukämie, Anm.) als Basis für unser Medikament Glivec wurde in den sechziger Jahren entdeckt."
Fehlen von Wirksubstanzen
Fazit: Ehemals gab es zum Teil Jahrzehnte lang bekannte "Targets" (Ziele) für mögliche Medikamente, aber die Wirksubstanzen fehlten. Der Novartis-Forschungschef: "Das Kombinieren von Biologie und Chemie, wie das jetzt möglich ist, führt viel schneller zu solchen 'validierten' Targets." - Und die auf der Basis von Strukturanalysen und automatisierten Testsystemen arbeitende Chemie würde auch schneller zu Leitsubstanzen führen, die später in echten Medikamenten münden könnten.
"Wiedergeburt der klinischen Forschung"
Was die Zukunft laut Fishman verheißt, ist vor allem eine genauere und sich am echten molekularen Ursprung orientierende Behandlung von Krankheiten.

Das werde auch die klinische Forschung revolutionieren, sagte der Experte: "Durch die Genforschung werden wir viel besser den Kreis jener Patienten definieren können, die von einem Medikament profitieren sollten. Dadurch werden wir auch klinische Studien mit weniger Probanden und schneller durchführen können. Es wird zu einer Wiedergeburt der klinischen Wissenschaft kommen."
->   NIBR
 
 
 
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01.01.2010