News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Eine Weltkarte des Biomasseverbrauchs  
  Die auf dem Festland der Erde gelegenen Ökosysteme produzieren nach einer aktuellen Studie rund 24 Milliarden Tonnen Biomasse pro Jahr, was etwa 12 Milliarden Tonnen reinem Kohlenstoff entspricht. US-Forscher haben nun den interessanten Versuch unternommen, dies mit dem Ressourcenverbrauch der Weltregionen in Beziehung zu setzen. Global gesehen verbraucht die Menschheit jährlich etwa ein Fünftel der pflanzlichen Primärproduktion für Nahrung, Holz- und Papierindustrie.  
Die von einem Team um Marc L. Imhoff vom Biospheric Sciences Branch der NASA erstellte Weltkarte fördert auch die "hotspots" des globalen Konsums zutage. In urbanen Ballungszentren beträgt dieser das Dreihundertfache dessen, was Pflanzen überhaupt produzieren können.
...
Die Studie "Global patterns in human consumption of net primary production" von Marc L. Imhoff et al. erschien im Fachjournal "Nature" (Band 429, S. 870-3, Ausgabe vom 24.6.04).
->   Abstract des Artikels in "Nature"
...
Biomasseproduktion
Um anzugeben, wie viel Biomasse in einem bestimmten Ökosystem hergestellt wurde, benutzen Ökologen die Einheit der so genannten Netto-Primärproduktion (NPP).

Diese zeigt, wie viel anorganische Substanz pro Jahr von Pflanzen in organische übergeführt wurde. Terrestrische Ökosysteme produzieren nach Berechnungen von Imhoff und Mitarbeitern pro Jahr 24 Milliarden Tonnen Biomasse, in reinem Kohlenstoff ausgedrückt sind es derer 12 Milliarden.
->   NPP-Database (Oak Ridge National Laboratory)
Konsum natürlicher Ressourcen
Um den weltweiten Konsum dieser natürlichen Ressourcen für Nahrung, Holz- und Papierproduktion zu berechnen, verwendeten die US-Forscher Daten der Food and Agriculture Organization (FAO) aus dem Jahr 1995.

Auf diese Weise erstellten sie eine Weltkarte, die anzeigt, wo das Verhältnis von Produktion und Verbrauch hohe bzw. niedrige Werte annimmt.

Üblicherweise wird die gesellschaftliche Aneignung von Biomasse durch die Größe HANPP ("human appropriation of terrestrial net primary production") angegeben, die ebenfalls in Masseeinheiten gemessen wird.
->   Mehr zu HANPP (University of Michigan)
Bevölkerungsdichte bestimmt Verbauch
 
Bild: Nature

Abbildung: Menschlicher Kohlenstoffverbrauch weltweit (HANPP)

Wenig überraschend liegen die konsumstärksten Regionen genau dort, wo auch die meisten Menschen zu Hause sind. Interessant ist, dass der Mensch - global gesehen - für Nahrung etwa gleich viel organischen Kohlenstoff verbraucht, wie für die Verbrennung von Holz, nämlich jeweils rund vier Milliarden Tonnen pro Jahr. Holz als Bausubstanz verschlingt jährlich rund 2,5 Milliarden Tonnen.
Ballungszentren - Hochburgen des Verbrauchs
 
Bild: Nature

Abbildung: Menschlicher Kohlenstoffverbrauch weltweit (HANPP) in Prozent der lokalen Primärproduktion.

Drückt man die gesellschaftliche Aneignung der Biomasseproduktion als Verhältnis von NPP zu HANPP aus, werden die "hot spots" des Verbrauchs auf der Weltkarte sichtbar. In urbanen Regionen betragen die Werte mitunter 30.000 Prozent der lokalen Nettoproduktion, in dünn besiedelten Gebieten liegt sie bei fast null Prozent.
Kontinentalvergleich: Industrienationen liegen voran
Der Kontinentalvergleich zeigt folgende Trends: Westeuropa und das südliche Zentralasien verbrauchen über 70 Prozent ihrer Primärproduktion und liegen damit an der Weltspitze. Im Pro-Kopf-Verbrauch rangiert Nordamerika an Nummer eins, gefolgt von Südamerika und Westeuropa.

Die wichtigsten Faktoren für die festgestellten Verteilungen sei neben der Bevölkerungsdichte auch der Reichtum der jeweiligen Gesellschaft, so die US-Forscher.

Der Pro-Kopf-Konsum in Industrieländern beträgt rund das Doppelte von jenem in Entwicklungsländern, wobei letztere 83 Prozent der Weltbevölkerung repräsentieren. Würden diese den Wert der reichen Nationen erreichen, stiege der anthropogene Kohlenstoff-Verbauch von 12 auf rund 20 Millarden Tonnen.
Konsum und Ökologie zum Teil entkoppelt
Andererseits ermöglicht erhöhter Technologisierungsgrad eine gewisse Effizientsteigerung: Industrienationen erzeugen eine Tonne Bauholz aus 1,3 Tonnen Biomasse von Bäumen, während in Entwicklungsländern dafür zwei Tonnen notwendig sind.

Marc L. Imhoff und sein Kollegen weisen darauf hin, dass jedoch Ernte, Verarbeitung und Verbrauch von Ressourcen nicht notwendigerweise in der selben Region stattfinden müssen. Daher seien Ort und ökologische Wirkungen des Konsums oft voneinander entkoppelt.

Die HANPP-Werte seien untrennbar mit dem menschliche Wohlstand und der globalen Biodiversität verknüpft, so die Forscher abschließend: Eine weitere Zunahme der gesellschaftlichen Aneignung von Biomasse werde zu einer Verarmung der Ökosysteme führen.
->   Biospheric Sciences Branch
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at
->   Aktionsplan für Erneuerbare Energien beschlossen (4.6.04)
->   Biologischer Landbau auf dem Prüfstand (22.4.04)
->   Regenwald-Analyse aus dem Weltraum (5.4.04)
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010