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Hoffnung im Kampf gegen Muskeldystrophie  
  Im Kampf gegen die tödliche Muskeldystrophie macht eine Entdeckung im Erbmaterial eines vierjährigen Buben Hoffnung: Er ist auf Grund einer DNA-Veränderung ungewöhnlich stark und muskulös.  
Durch die Abweichung im Erbgut wird nach einem Bericht des "New England Journal of Medicine" die Produktion des Proteins Myostatin blockiert, das wiederum das Muskelwachstum hemmt.

Labormäuse mit der genetischen Besonderheit des Berliner Kindes sind als "Mighty Mice" bekannt, und Rinder werden entsprechend gezüchtet, um möglichst viel fettarmes Fleisch zu bieten.
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Die Studie ist unter dem Titel "Myostatin Mutation Associated with Gross Muscle Hypertrophy in a Child" im "NEJM" (Bd. 350, S. 2682, Ausgabe vom 24. Juni 2004) erschienen.
->   Die Studie im "NEJM"
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Wirkt Myostatin bei Menschen wie bei Ratten?
Bereits vor sieben Jahren hatten Forscher an der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore außergewöhnlich muskuläre Mäuse gezüchtet, indem sie ein Gen ausschalteten, das die Produktion von Myostatin anregt.

Nun gebe es einen Nachweis, dass Myostatin bei Menschen die gleiche Rolle spiele wie bei Tieren, erklärte Markus Schülke von der Charite in Berlin, der den vierjährigen Buben betreut. Das Kind ist derzeit gesund, allerdings befürchten die Ärzte, dass es irgendwann Herzprobleme oder andere Krankheiten entwickeln könnte.
Chance zur Behandlung von Muskeldystrophie
Der in Berlin geborene Bub, Sohn einer 24-jährigen ehemaligen Profisportlerin, hat doppelt so viel Muskelmasse wie gleichaltrige Kinder und weit weniger Körperfett.

Die Entdeckung der ersten derartigen beim Menschen dokumentierten genetischen Veränderung könnte nach Ansicht von Medizinern zur Entwicklung von Medikamenten gegen Muskeldystrophie beitragen.
Zweithäufigste Erbkrankheit bei Buben
Dieses genetisch bedingte Leiden ist derzeit unheilbar. Die häufigste Form - die so genannte Duchenne Muskeldystrophie - führt meist noch vor dem Erwachsenenalter zum Tod.

Nach Mukoviszidose ist sie die zweithäufigste Erbkrankheit bei Buben. Bis jetzt hat die Wissenschaft noch keinen Weg gefunden, den verantwortlichen Gendefekt zu beheben.
Beginn der Krankheit im fünften Lebensjahr
Von 3.500 männlichen Neugeborenen hat nach Angaben von Experten mindestens eines ein geschädigtes Dystrophin-Gen auf seinem X-Chromosom. In den ersten Lebensjahren sind die Kinder noch relativ unauffällig.

Doch schon im fünften bis sechsten Lebensjahr wird die Muskulatur der Patienten zunehmend schwächer, und spätestens mit zehn Jahren sind sie auf den Rollstuhl angewiesen.
Früher Tod
Bis zum frühen Tod erschlafft bei völliger geistiger Klarheit die Muskulatur immer weiter, so dass am Ende selbst die Atmung über eine Apparatur geregelt werden muss. Eines Tages sind die Patienten dann bis auf Sprache und Mimik sowie ein leichtes Gefühl in den Fingerspitzen völlig gelähmt.

Einzig der Computer dient dann noch als Zugang zur Außenwelt, ehe die jungen Menschen an Herzversagen oder Atemnot sterben.
Anwendungen auch bei Krebs und AIDS
Auf Möglichkeiten zur Reduzierung von Myostatin konzentrieren sich mehrere Forschungsgruppen an Universitäten und in der Pharmaindustrie. Von einer Behandlung gegen Muskelschwund könnten auch Krebs- und AIDS-Patienten oder Menschen mit Knochenbrüchen und Bettlägerige profitieren. Auch für Astronauten wäre ein Medikament gegen Muskelabbau interessant.

Der Genetiker Lou Kunkel von der Johns-Hopkins-Universität hält einen Durchbruch binnen einiger Jahre für möglich. "Schon eine Reduzierung dieses Proteins um 20, 30, 50 Prozent kann eine tief greifende Wirkung auf die Muskelmasse haben", sagt der Professor.
->   Verein zur Förderung der Muskeldystrophie Duchenne Forschung
->   Muscular Dystrophy Association
 
 
 
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01.01.2010