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Experten: "Knopfloch-Chirurgie" nicht immer die beste  
  Vier kleine Löcher statt einem großem Schnitt benötigen Grazer Chirurgen nur mehr für Operationen an der Bauchspeicheldrüse. Wiener Chirurgen kritisieren jedoch unabhängig davon, dass die so genannte "Knopfloch-Chirurgie" nicht immer die beste ist.  
Chirurgische Eingriffe an der Bauchspeicheldrüse erfordern einen rund 20 Zentimeter großen Schnitt zwischen Brustbein und Nabel.

Dem Chirurgen Selman Uranüs von der Universitätsklinik für Chirurgie in Graz ist es nun gelungen, einen Tumor der Bauchspeichedrüse mit nur vier knopflochgroßen Schnitten zu entfernen.
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Bei drei Patienten erfolgreich angewendet
Uranüs hat diese minimal-invasive Operation an drei Patienten erfolgreich durchgeführt. Der Vorteil dieser Methode ist auch, dass die Milz nicht verletzt wird. Die Milz hat ihre Hauptgefäße hinter der Bauchspeicheldrüse und diese können bei großen Schnitten verletzt werden.
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Nur für gutartige Tumore geeignet
Statt der Öffnung des Bauchraums werden bei der minimal-invasiven Operationsmethode dicke Hohlnadeln in den Bauchraum eingeführt. Durch diese werden alle notwendigen chirurgischen Geräte an den Operationsort gebracht.
Überwachung per Kamera
Die Überwachung erfolgt per TV-Kamera, die ebenfalls in den Bauchraum eingebracht wird. Mit dieser Technik können allerdings nur gutartige Tumore entfernt werden. Bei der Operation bösartiger Krebsgeschwüre müssen meist auch andere bereits betroffene Organe mit entfernt werden.
Schonend, aber nicht immer das Beste
Minimal-invasive Operationen sind kleine Eingriffe. Die Patienten müssen nicht lange im Krankenhaus bleiben und erholen sich rasch. Aber das gewünschte Ergebnis bleibt oft aus, kritisieren Chirurgen der Abteilung für Orthopädie des Wiener Krankenhauses SMZ-Ost.

Oft müsse noch einmal operiert werden. Es gehe aber nicht darum, einen möglichst kleinen Hautschnitt zu machen, sondern möglichst effektiv zu operieren.

Beispiel Wirbelsäulen-Operationen: Wenn sich zwei Wirbel übereinander schieben, müsse man oft größere Operationen erwägen, um eine spätere Bewegungseinschränkung zu verhindern.
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"Das Richtige ist nicht immer minimal-invasiv"
"Ein ehernes Gesetz ist, sofort das Richtige zu tun und nicht mit kleinen halben Dingen zu beginnen, wo nachoperiert werden muss und der der Patient letztendlich einen größeren Schaden hat", sagt der Chirurg Richard Eyb vom SMS-Ost. "Das Richtige ist nicht immer minimal-invasiv. Bei Wirbelsäulen-Operationen geht es nicht immer darum, das Bewegungssegment zu erhalten, sonder unter Umständen eine versteifende Operation durchzuführen. Versteift werden dabei jene Wirbel, die verschoben sind, und nicht die ganze Wirbelsäule. Dadurch bedeutet eine versteifende Operation über ein Segment für die Patienten keine Bewegungseinbuße."
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Kurse für die beste Methode
Um entscheiden zu können, welche Operation die beste ist, und wie man diese am besten durchführt, machen die Chirurgen des SMZ-Ost jedes Jahr einen Operationskurs.

Bei diesem führen internationale Spezialisten die effektivste Methode für den Patienten vor. Im Kurs werden vor allem große Operationen gezeigt, die technisch schwierig sind. Die Teilnehmer sehen zu - und lernen, welche Methode die schonendste ist.
Operation soll Patienten optimal versorgen
"Den Zugang muss man so angepasst wie möglich machen", sagt dazu Alfred Engel, orthopädischer Chirurg des SMZ-Ost.

"Es wird immer wieder von minimal-invasiv gesprochen. Im Grunde soll man so operieren, dass der Patient optimal versorgt ist. Knopflochchirurgie ist nicht immer die beste Chirurgie. Dementsprechend muss man die Schnittführung so wählen, dass man das, was man plant, auch optimal durchführen kann."

Edith Bachkönig, Ö1-Wissenschaft
->   Sozialmedizinisches Zentrum Ost (SMZ-Ost)
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Minimalinvasive Roboter-Herzchirurgie am Wiener AKH (24.1.03)
->   Urologen operieren immer schonender (9.12.02)
->   "Schlüsselloch-Chirurgie" bei Neugeborenem (6.12.01)
 
 
 
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01.01.2010