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Académie Française sucht Kandidaten  
  Die Geistesgrößen Frankreichs haben große Schwierigkeiten mit dem Nachwuchs. Bereits im dritten Anlauf versuchen die ehrwürdigen Mitglieder der "Académie Française", zwei der vier leeren Sessel ihres erlauchten Kreises neu zu besetzen.
 
Mindestens 15 mal abgelehnt
Auch der 62-jährige Dichter Florent Gaudin hat sich wieder um den Platz des verstorbenen Philosophen Jean Guitton beworben. Gaudin wurde mindestens schon 15 mal abgelehnt, lässt sich jedoch nicht entmutigen. "Einmal erhielt ich zwei Ja-Stimmen", erinnert er sich voller Entzücken.
1635 von Kardinal Richelieu gegründet

Kardinal Richelieu
Ehre und Prestige eines Sitzes müssen jedoch mit mühsamen
Pflichtübungen erkauft werden. Besonders gefürchtet ist die Würdigung des Vorgängers bei der Aufnahme. Die erfordert die genaue Kenntnis der Werke des Verstorbenen - dargestellt in einer oft stundenlangen Rede. So will es die Tradition dieser Institution, die 1635 von Kardinal Richelieu gegründet wurde.

Spitzhut und Degen
Dementsprechend traditionell sind auch der Gala-Anzug und
Insignien wie Spitzhut und Degen. Die grüne Uniform, ähnlich
glitzernd bestickt wie ein spanischer Stierkämpfer-Anzug, kostet die Kleinigkeit von 100.000 Francs (210.000 ATS/ 15.000 Euro). Wem das zu teuer ist, kann den Anzug eines gestorbenen Akademie-Mitglieds günstig erwerben.

Die eigentliche Aufgabe der Akademie, die Herausgabe eines
französischen "Duden", kommt nur schleppend voran. Von sich reden machen die Sprachhüter, wenn sie gegen Anglizismen zu Felde ziehen. Wörter wie "balladeur" statt "walkman" oder "jeux decisif" für den "tie-break" im Tennis sind mittlerweile in den Sprachgebrauch übergegangen.
Kommafehler bedeutete Ende der Träume
Wer aufgenommen werden will, muss sich um die französische Sprache und Kultur verdient gemacht haben. Als Bewerbung reicht ein einfacher Brief, doch der Chansonnier Charles Trenet hat sich schon mit diesem Schreiben alle Chancen verdorben. Ein fataler Kommafehler bedeutete das Ende seiner Träume.

Der persönliche Besuch bei den Akademie-Mitgliedern kann die
Kandidatur fördern, sie kann aber auch das Gegenteil bewirken. Der Schriftsteller Jean Raspail, der es im vergangenen Jahr auch beim dritten Anlauf nicht schaffte, wusste später, warum. "Ich habe ihm mein Wort gegeben, da wollte ich ihm nicht auch noch meine Stimme geben", flüsterte ein Gelehrter, den Raspail zuvor besucht hatte.
Nähe zu Prominenz führt zu Aufnahme
Die Kriterien der Aufnahme richten sich häufiger als vermutet nach Ansehen und sozialem Status. Nähe zu Prominenz hat schon so manche überraschende Aufnahme erklärt - aber genauso auch hartnäckige Ablehnungen.
Rar sind jedenfalls diejenigen, die den Sprung in den Kreis der 40 aus eigenen Verdiensten geschafft haben. Es gibt jedoch auch namhafte Romanciers wie Patrick Modiano und Julien Gracq, die die Einladung mehrfach abgelehnt haben.

Gemeinsames Alter übersteigt 3.000 Jahre

Die 40 Mitglieder
Im Palais Mazarin am Seine-Ufer ist man wählerisch und wohl auch ziemlich verknöchert. Das gemeinsame Alter der 36 Geistesgrößen übersteigt 3.000 Jahre und der Altersvorsitzende, der Naturwissenschaftler Louis Leprince-Ringuet, wird im kommenden März 100 Jahre alt.

Doch es gibt auch immer wieder Hoffnung auf Erneuerung, wie etwa im Jahre 1983, als der inzwischen 94-jährige sengalesische Politiker und Schriftsteller Leopold Senghor als erster Schwarzafrikaner aufgenommen wurde. Jetzt will eine der beiden Frauen im erlauchten Kreis, Hélène Carrère d'Encausse, die Frauenquote erhöhen. (dpa)
->   Académie Française
 
 
 
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01.01.2010