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Auch Schimpansen finden Gähnen ansteckend  
  Es ist ein bekanntes Phänomen: Wenn jemand in unserer Nähe gähnt, gähnen wir mit. Britische Forscher haben nun herausgefunden, dass dies auch bei Schimpansen der Fall ist. Das könnte ein weiterer Beweis für die Annahme sein, dass auch sie über Einfühlungsvermögen und ein ausgeprägtes Ich-Bewusstsein verfügen - so wie vermutlich andere Menschenaffen auch.  
Dies schreiben die Wissenschaftler in den "Proceedings B" der Londoner Royal Society (Online-Vorab: DOI: 10.1098/rsbl.2004.0224).
->   "Proceedings B"
Bisher nur bei Menschen beobachtet
Obwohl viele Wirbeltiere gähnen, ist das Phänomen des ansteckenden Gähnens bisher nur bei Menschen beobachtet worden. Studien haben gezeigt, dass sich zwischen 42 und 55 Prozent der Erwachsenen vom Gähnen anstecken lassen.
Videos mit gähnenden Artgenossen ...
Die Wissenschaftler um James Anderson von der Universität Stirling in Großbritannien spielten sechs ausgewachsenen Schimpansenweibchen Gähn-Videos vor. Zur Kontrolle zeigten sie den Affen auch Videos von Artgenossen, die zwar den Mund aufrissen, aber nicht gähnten, sondern etwa tief Luft holten oder grinsten.
... animierten die Schimpansen signifikant
Alle Schimpansen gähnten durchschnittlich häufiger, wenn sie ihre Artgenossen beim echten Gähnen beobachteten. Zwei Weibchen animierten die Gähn-Videos sogar 24 beziehungsweise 25 Mal zum Gähnen, im Vergleich zu lediglich zwei und neun Mal durch die Kontrollvideos - nur diese beiden Fälle werten die Forscher als statistisch signifikant.

Mit einem Drittel sei der Anteil der Affen, die sich nachweislich von gähnenden Artgenossen anstecken ließen, im Test nur wenig niedriger gewesen als beim Menschen, schreiben sie.
Wirkt nicht bei Jungtieren
Interessanterweise hätte keines der anwesenden Jungtiere beim Betrachten der Videos gegähnt. Auch bei Menschenkindern unter fünf Jahren sei kein Ansteckungseffekt zu beobachten.
Mitfühlende Menschen gähnen auch gerne mit
Erst kürzlich hatte eine Untersuchung von Steven Platek von der Drexel University in Philadelphia am Menschen gezeigt, dass sich insbesondere verständnisvolle und mitfühlende Persönlichkeiten zum Mitgähnen verleiten lassen.

Möglicherweise können diese sich besonders gut in andere Menschen hineinversetzen und wollen sich durch das gemeinsame Gähnen mit ihrem Gegenüber verbünden.
...
Miteinander Gähnen - auch ein evolutionärer Vorteil?
Steven Platek und sein Forscherteam sind dem Phänomen im Juli 2003 nachgegangen. Ihre Tests ergaben, dass sich die Nachahmungs-Resistenten durch ein geringes Maß an Empathie au zeichneten - sie hatten also geringe Fähigkeiten, sich in andere Menschen hineinzuversetzen.

Dies könnte auch evolutionär von Vorteil sein: Gähnen zeige Müdigkeit an und synchronisiere durch seine ansteckende Wirkung das Verhalten und den Ruhe-Aktivitäts-Wechsel einer Gruppe, so die Forscher. Eine andere mögliche Erklärung liefern die so genannten Spiegelneuronen.
->   Einfühlsame Menschen gähnen gerne mit (29.7.03)
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Menschen wie Menschenaffen
James Anderson und seine Mitarbeiter vermuten, dass dies auch bei den Schimpansen und anderen Menschenaffen der Fall ist. Bei anderen Affen sei Gähnen hingegen wahrscheinlich nicht ansteckend.
->   Department of Psychology, University of Stirling
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Die Neurobiologie der Empathie (9.4.03)
->   Lächeln steckt nur gesellige Menschen an (20.6.02)
->   Archiv zu "Menschenaffen"
 
 
 
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01.01.2010