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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Klimaänderung vor fünf Mio. Jahren formte Alpen  
  Jedes Gebirgsmassiv erlebt nach seiner schrittweisen Hebung eine Phase des Abbaus durch Erosionsprozesse. Durch diesen Kreislauf erhielten auch unsere Alpen ihr typisches Relief mit hohen Bergen und tief eingeschnittenen Tälern. Ein Geologenteam behauptet nun, dass diese Topographie klimabedingt sei und auf eine besonders feuchte Wetterperiode vor etwa fünf Millionen Jahren zurückzuführen sei.  
Ihre These führen Charlotte E. Cederbom von der Universität Edinburgh und Schweizer Kollegen in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift "Geology" aus.
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Die Studie "Climate-induced rebound and exhumation of the European Alps" ist in "Geology" (Bd. 32, S. 709 , August 2004) erschienen.
->   Original-Abstract in "Geology"
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Bohrkerne geben die Antwort
Um den Zeitpunkt genauer zu datieren und den Abtrag der Materialmassen aus den Alpen besser als bisher zu quantifizieren, untersuchte das Geologenteam Bohrkerne aus 2,5 Kilometern Tiefe nördlich des schweizerischen Aar Massivs.

Genau in diesem Molassebecken - dem so genannten Nordalpinen Vorlandbecken - wurde über Millionen von Jahren Material aus den Alpen abgelagert.
Perfektes Timing
Durch das Datieren von Mineralen aus den Bohrkernen hat das Geologenteam nun konkrete Hinweise auf eine Periode stärkerer Erosion vor fünf Millionen Jahren gewonnen.

Interessant macht diese Prozesse - die auch in anderen Gebirgen bekannt sind - vor allem das geologische Timing. Fast zeitgleich schloss sich nämlich die damalige Meerenge zwischen Nord- und Südamerika - der so genannte Isthmus von Panama.
Erhöhtes Erosionspotenzial
Laut Charlotte Cederbom, Geologin an der Universität Edinburgh, war das Ankurbeln des Golfstroms die direkte Auswirkung auf die enstandene Landbrücke am amerikanischen Kontinent. Wesentlich niederschlagsreichere Klimabedingungen am Europäischen Kontinent führten dadurch zu einer signifikanten Erhöhung des Erosionspotenzials im Alpenraum.

Die abgetragenen Gesteinsmassen der Molassezone reduzierten das "Gesamtgewicht" der Schweizer Alpen und verursachten eine isostatische Ausgleichsbewegung im westlichen Bereich des Gebirgskörpers - ein rasches neuerliches Anheben war die tektonische Reaktion.
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Isostasie
Isostasie ist ein Begriff, der den Gleichgewichtszustand einer tektonischen Platte beschreibt, die auf dem oberen Teil des Erdmantels - der Asthenosphäre - aufschwimmt. Sie beschreibt auch die Ausgleichsreaktionen der Erdkruste hervorgerufen durch Schwankungen an der Erdoberfläche - wie zum Beispiel Veränderung von Landeismassen, Verlagerung von Sedimenten, Erosion oder Gebirgsbildung.
->   Mehr über Isostasie (Wikipedia)
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Modellierung des Gesteinsabtrags
Daraus resultierende Modellierungen erlauben den Geologen abzuschätzen, dass gerade zu dieser Zeit - im frühen Pliozän - ein bis drei Kilometer an Sedimenten im Nordalpinen Vorlandbecken westlich von Zürich abgetragen wurden. Insgesamt sollen von der damaligen Topographie der Alpen bis heute 6,5 Kilometer erodiert worden sein.

Durch das natürliche Gleichgewicht zwischen Erosion und Anhebung überragten die Alpen aber auch zu dieser Zeit ihre heutigen Anhöhen nicht. Der höchste Berg der Alpen, der Mt. Blanc, misst heute 4.807 Meter.
Klimainduziertes Anheben
Laut den Forschern zeigen die erbohrten Gesteinsabfolgen aus der nördlichen Schweizer Molassezone, dass das heutige Abbild der Alpen direkt mit den erhöhten Erosionskräften dieser Klimaänderung vor fünf Millionen zu erklären ist.

Der Abtrag an Gesteinsmaterial sei damit hauptverantwortlich für das heutige Herausheben und für das markante Erscheinungsbild der Alpenkette.
->   Forschungsgruppe für "Gebirgs- und Oberflächenprozesse", Universität von Edinburgh
->   Tektonikforschungsgruppe, Universität Basel
Mehr dazu in science.ORF.at:
->   Regensommer: Kurze Atempause für die Gletscher (28.7.04)
->   Gletscher-Tagebuch 2004 (15.6.04)
->   Der Klimavergangenheit der Alpen auf der Spur (17.2.04)
->   Globaler Umweltwandel: Auswirkungen in den Alpen (5.11.02)
 
 
 
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01.01.2010