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Nach "Charley": Diskussion um Hurrikan-Prognosen  
  Vergangene Woche verwüstete ein schwerer Hurrikan Teile des US-Bundesstaats Florida. Dabei schien Charley anfangs ein "ganz normaler" Hurrikan zu sein. Aber schneller als von den Experten erwartet verwandelte er sich in einen - relativ seltenen - Killersturm. Über die Schwierigkeiten exakter Prognosen wird unter den zuständigen Behörden und Warndiensten nun heftig diskutiert.  
Plötzliche Änderung der Windstärke
Der Hurrikan Charley begann als normaler Hurrikan der Kategorie zwei - mit Windstärken bis 160 Kilometern pro Stunde bewegte er sich vom Golf von Mexiko Richtung Florida. Am vergangenen Freitag, dem 13. August jedoch erhöhte er innerhalb kürzester Zeit seine Kraft und begann mit bis zu 260 km/h zu blasen. Gemäß der Saffir-Simpson-Skala gehörte er damit zur Kategorie vier und lag damit um zwei Stufen höher als prognostiziert.

Der Wirbelsturm pflügte eine Zerstörungsschneise von rund 320 Kilometern Länge und knapp 50 Kilometern Breite durch Florida. Mindestens 19 Personen sollen dabei getötet und mehr als 10.000 obdachlos geworden sein. Schon zuvor hatte er auf Kuba Unheil angerichtet.
->   Saffir-Simpson-Skala (wetterspiegel.de)
Kleine Variabeln mit großen Auswirkungen
Die Schwierigkeiten der Hurrikan-Prognostiker wurden wieder einmal deutlich vor Augen geführt. Während sie immer besser in der Voraussage der Richtung der Hurrikans werden, greifen sie bei der Entwicklung seiner Stärke nach wie vor oft daneben.

Und das liegt vor allem an der Komplexität des Untersuchungsgegenstandes. "Kleine Variabeln können große Auswirkungen haben", fasst dies Julian Heming vom britischen Met Office im Online-Dienst von "Nature" zusammen ("news@nature.com").
->   Wie Hurrikans entstehen (MeteoSchweiz)
Wärmeres Wasser sorgte für Kraftzufuhr
Nach Ansicht von US-Wetterexperten könnte Charley an Gewalt gewonnen haben, als er im Golf von Florida auf eine Stelle mit wärmerem Wasser gestoßen war. Die verstärkte Verdunstung könnte den ohnehin schon niedrigen atmosphärischen Druck innerhalb des Sturmsystems reduziert haben, was zur Zufuhr von noch mehr Luft und zu noch stärkeren Winden geführt hat.
Ausbleiben von Seitenwinden
Außerdem sei der Hurrikan nicht auf die ursprünglich erwarteten Seitenwinde gestoßen, die sein Tempo abgeschwächt hätten. Genaueres wissen die Wissenschaftler derzeit aber auch noch nicht - "zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist das alles Spekulation", so Heming.

Abgesehen davon, dass die Wirbelstürme nur vergleichsweise selten auftreten, sei es vor allem schwierig, die Vorgänge in ihrem Inneren zu untersuchen.
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Keine Hurrikan-Gefahr in Europa
Hurrikans wie "Charley" in Florida können Europa nicht treffen. "Auch bei einer gröberen Klimaänderung ist nicht zu befürchten, dass sich Hurrikans etwa über dem Ostatlantik bilden", sagte Manfred Spatzierer vom Wetterdienst Meteomedia am Montag. Tropische Zyklone (Windgeschwindigkeiten ab 63 Stundenkilometer) und Hurrikans, Zyklone oder Taifune (mehr als 117 km/h) entstehen nur über dem Meer ab einer Wassertemperatur von mindestens 26 bis 27 Grad.

Selbst bei ausreichender Wärme wäre die Ostsee für solche Gewitterkomplexe zu klein. Tiefs über dem Mittelmeer könnten auch nur einzelne Eigenschaften tropischer Zyklone erfüllen, nie aber deren Wucht entwickeln. Auch größere Windgeschwindigkeiten in der Höhe, wie in unseren Breiten üblich, verhindern die Entstehung von Hurrikans.
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Riskante Arbeit der Hurrikan-Forscher
Charley wurde von einem eigenen "Hurrikan-Jagdflugzeug" ausfindig gemacht und untersucht, das mit Messinstrumenten für Wind, Temperatur und Luftdruck ausgerüstet war. Einerseits helfen sie den Forschern den weiteren Verlauf des Sturms vorherzusagen, andererseits liefern sie ihnen auch Daten zur besseren Modellierung.

Das ganze ist aber nicht unriskant. Um den Hurrikan so exakt wie möglich zu untersuchen, werden Messsonden per Fallschirm abgeworfen - und zwar genau in sein Herz, was die Operation relativ schwierig macht.

Die Experten vom US National Hurricane Center (NHC) glauben jedenfalls, dass sie ihre Arbeit gut erledigt haben. Nachdem der Sturm entlang der Küste Floridas gewandert ist, war die gesamte Region in Alarmbereitschaft versetzt worden.
->   US National Hurricane Center (NHC)
->   Met Office
->   news@nature.com
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Wie vorhersagbar sind Hurrikans und Taifune? (3.10.01)
 
 
 
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01.01.2010