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Depressionen: Eine "normale" Krankheit  
  Wenn im Herbst die Tage dunkler werden, verdüstert sich das Gemüt vieler Menschen - sie rutschen in das, was man im Volksmund "Herbst-Depression" nennt. Dahinter steckt nicht nur eine jahreszeitliche Verstimmung, sondern eine Krankheit, die behandelt werden kann.  
Darauf weist die Österreichische Gesellschaft für depressive Erkrankungen (ÖGDE) hin. Jeder Fünfte erkrankt im Lauf seines Lebens an einer Depression - und wird in den seltensten Fällen angemessen behandelt.
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Antriebslosigkeit und Missmut über Wochen
Nicht jeder, der einmal einen schlechten Nachmittag hat, an dem er antriebslos und missmutig herumhängt, ist deshalb gleich depressionskrank; nur wenn dieser Zustand wochenlang anhält, ist das meistens schon eine echte Depression, erklärt die Tiefenpsychologin und Psychotherapeutin Rotraud Perner.
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Ganzes Bündel von Ursachen
Früher glaubte man an quasi selbst erzeugte ("endogene"), mehr oder weniger grundlose Depressionen - heute hat man erkannt, dass es ein ganzes Bündel von tatsächlichen Ursachen gibt, sagt die Tiefenpsychologin Rotraud Perner.

"Es ist ein Fehler im Hirnstoffwechsel. Oft liegen die Gründe in der Beziehungsebene, aber auch im ständigen Druck der Wettbewerbsgesellschaft", so die Psychotherapeutin.
Jeder Fünfte erkrankt einmal im Leben
Jeder Fünfte erkrankt hierzulande einmal im Leben an einer Depression, bei älteren Menschen jenseits der 60 sind es besonders viele - nach aktuellen Studien bis zu 20 Prozent.

Mit 1.500 Selbstmorden pro Jahr ist Österreich im internationalen Spitzenfeld. Dabei wären Depressionen therapeutisch und medikamentös gut behandelbar, sagt Rotraud Perner - einige greifen immerhin zur Selbsthilfe:

"Manche gehen Bergsteigen, wenn es ihnen schlecht geht, andere gehen in den Swinger-Club, was wiederum die Beziehung gefährdet, andere gehen ins Wirtshaus."
Alkohol und Depression: Unheilvolles Paar
Ein Großteil der Depressiven ist zwar nicht alkoholkrank, wie Michael Musalek, der Leiter des Anton-Proksch-Instituts in Kalskburg erläutert, aber umgekehrt leiden zum Beispiel 80 Prozent der alkoholkranken Frauen an Depressionen.

Ob hier die Depression den Alkoholismus ausgelöst hat oder umgekehrt, ist schwer zu sagen - für die Therapieschritte gibt es jedoch eine eindeutige Reihenfolge, so Musalek: "Zuerst setzen wir die Leute auf Entzug und behandeln dann die Depression therapeutisch und medikamentös."
Meist viel zu spät erkannt
Depression und Alkoholabhängigkeit haben zumindest eine Gemeinsamkeit: "Sie werden meistens beide viel zu spät erkannt. Die Leute kommen dann zu uns, wenn sie bereits Begleit- und Folgekrankheiten haben, was die Chancen wieder verringert", erzählt der Experte.

Gute Gründe für die Österreichische Gesellschaft für Depressive Erkrankungen, mit Galas und anderen Veranstaltungen Geld für neue Projekte und einen Depressions-Notruf zu sammeln.

Martin Haidinger, Ö1-Wissenschaft
->   Österreichische Gesellschaft für depressive Erkrankungen (ÖGDE)
->   Das Stichwort Depression in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010