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Wiener Physiker: Rekord bei der Teleportation  
  Die Teleportations-Experimente der Wiener Physiker um Anton Zeilinger werden zunehmend zu echten "Fern"-Übertragungen. In einem Experiment übertrugen die Forscher nun Quanteninformation mittels so genannter verschränkter Lichtteilchen über einen Abwasserkanal vom Wiener Prater bis zur Donauinsel - 600 Meter Luftlinie bedeuten neuen Rekord für Distanzen außerhalb eines Labors.  
Höhere Effizienz, unter Bedingungen der "rauen Außenwelt"
Das erfolgreiche "Beamen" unter den "rauen Bedingungen" der Außenwelt ist ein wichtiger Schritt für mögliche zukünftige Anwendungen wie Quantencomputer oder Quantenkryptographie.

Auch konnte die Effizienz der Teleportation auf bisher unerreichte 50 Prozent erhöht werden - jedes zweite Lichtteilchen (Photon) wurde erfolgreich übertragen, schreiben die Forscher in einer Aussendung.

Erstautor der in "Nature" publizierten Studie ist Rupert Ursin vom Institut für Experimentalphysik der Uni Wien, der mit Kollegen vom ÖAW-Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) die Experimente durchgeführt hat.
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Die Studie "Quantum Teleportation across the Danube" ist in "Nature" (Bd. 430, S. 849, Ausgabe vom 19. August 2004) erschienen.
->   Original-Abstract in "Nature"
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Teleportation im Wiener Untergrund
Dass sich die Forscher für ihre Arbeiten in die anrüchigen Röhren des Wiener Untergrundes begaben, hat rein praktische Gründe.

So konnten die für die Teleportation nötigen Glasfaserkabel im Kanal ohne gröbere Zusatzarbeiten verlegt werden. Auch gibt es in den Abwasserröhren kaum Temperaturschwankungen, was dem Experiment förderlich ist, erklärte Zeilinger.
Verschränkte Photonen
Zeilingers Experimente beruhen auf dem Phänomen so genannter verschränkter Photonen. Diese besitzen eine "spukhafte Fernwirkung", wie Nobelpreisträger Albert Einstein es einst ausdrückte.

Es handelt sich dabei um einen quantenmechanischen Effekt, der mit nichts in der Makrowelt vergleichbar ist. Schickt man die beiden Photonen durch Leitungen in verschiedene Richtungen, so bleiben sie dennoch miteinander verschränkt - rein theoretisch sogar über eine beliebige Distanz.
Teleportation quer unter der Donau
 
Bild: Inst. f. Experimentalphysik, Uni Wien

"Alice" ist der Sender, "Bob" der Empfänger der Teleportation, als Quantenkanal dienen Glasfasern.

Bestimmt man an einem Ort die Polarisierung - die Schwingungsebene - des Photons, so kann man sicher sein, dass das verschränkte Gegenstück irgendwo in der Ferne die gleiche Polarisierung besitzt.

Für die Teleportation gehen die Physiker aber noch einen Schritt weiter. Sie übertragen den exakten Quantenzustand eines Teilchens auf ein anderes, weit entferntes. Und genau das ist jetzt quer unter der Donau gelungen. Insgesamt waren die Glasfaserkabel 800 Meter lang.
Distanz-Limits noch unklar
Wie weit es gehen kann, ist noch nicht ganz klar. Theoretisch könnten es einige zig-Kilometer sein, dann bedarf es einer Auffrischung der Verschränkung. Auch derartige Auffrischungsstationen hat Zeilinger mit seinen Mitarbeitern bereits erfolgreich getestet.

Da die Sache aber noch absolutes Neuland ist, müssen die Grenzen erst im Experiment ausgelotet werden.
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Welle-Teilchen-Dualismus von Lichtteilchen
Der Welle-Teilchen-Dualismus von Lichtteilchen (Photonen) birgt entscheidende Fragen der Quantenphysik: Einerseits zeigen sie wellentypische Interferenz- und Beugungsmuster, andererseits lassen sich diese masselosen Teilchen mit geeigneten Detektoren nachweisen. Im Rahmen der Aktion "Ask Your Scientist" beantworteten Physiker erst vor wenigen Tagen die Frage, ob für Photonen die Zeit gleichsam "still steht".
->   AYS: Für Lichtteilchen steht die Zeit still (16.8.04)
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An Quantencomputern wird weiter gearbeitet
Zeilinger versteht sich in erster Linie als Grundlagenforscher. Dennoch haben die Wissenschaftler ihre verschränkten Photonen auch schon zur abhörsicheren Verschlüsselung von Daten eingesetzt. Ein mögliches Einsatzgebiet der Teleportation wäre die Kommunikation zwischen Quantencomputern, wenngleich diese Generation von Rechnern noch Zukunftsmusik ist.
->   Institut für Experimentalphysik, Uni Wien
->   Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (ÖAW)
Aktuelle Beiträge in science.ORF.at zum Thema:
->   Forscher rücken Quantencomputer näher (3.6.04)
->   Verschränkte Teilchen überwinden Gesetze der Optik (13.5.04)
->   Weltweit erste Banküberweisung mit Quantenkryptographie (21.4.04)
->   Quantenkommunikation erstmals im freien Raum (20.6.03)
->   science.ORF.at-Archiv zum Thema
 
 
 
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01.01.2010