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Vier Millionen Jahre alter Hominiden-Zahn entdeckt  
  Ein interdisziplinäres Forscherteam rund um den Wiener Anthropologen Horst Seidler forscht in Äthiopien seit Jahren zu den Anfängen der Menschheit. Nun berichten sie von ihrem bisher spektakulärsten Fund: einem vier Millionen Jahre alten Zahn von Australopithecus afarensis - einem Vorläufer des modernen Homo sapiens.  
Im Rahmen des 32nd International Geological Congress in Florenz präsentierten die Wissenschaftler die jüngsten Ergebnisse ihrer vierjährigen Grabungsarbeit im südlichen Afardreieck Äthiopiens.

Insgesamt mehrere hundert Fossilien haben sie entdeckt - u.a. von Hyänen, Elefanten oder Krokodilen. Die Überreste helfen dabei, den Lebensraum unserer direkten Vorfahren zu rekonstruieren.
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International Geological Congress
Vom 20.-28. August treffen in Florenz mehr als 6.000 Geologen beim größten internationalen Fachkongress zusammen. Experten aus verschiedenen Bereichen berichten in zahlreichen Symposien über den neuesten Stand der Geowissenschaften.
->   32nd International Geological Congress
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Von "Lucy" bis Homo sapiens
Die Hominidenentwicklung beginnt vor etwa fünf bis sechs Millionen Jahren und gehört zu den spannendsten - aber auch kontroversiellsten - Kapiteln moderner Wissenschaft. Erst die intensive Zusammenarbeit von Geologie und Anthropologie machte es möglich, die Evolution vom Australopithecus afarensis bis hin zum modernen Menschen möglichst genau zu rekonstruieren.
Palaeo Anthropological Research (PAR) Team
Das Grabungsgebiet des österreichischen Teams um Horst Seidler (Palaeo Anthropological Research Team - PAR) liegt in der südlichen Afarsenke nahe der Fundstellen im äthiopischen Awash Tal, aus denen schon in den 1970er Jahren "Lucy" und "Bodo" geborgen wurden.

Die interdisziplinäre Projektgruppe - bestehend aus Paläoanthropologen, Geologen und Paläontologen - sucht nach Fossilresten von Vorgängern des modernen Homo sapiens. Dabei kooperieren österreichische Wissenschaftler mit Fachkollegen aus Äthiopien, USA, Deutschland und Italien.
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Satellitenbild Afardreieck
Ostafrikanisches Grabensystem
Seit den 70er Jahren zählt der Ostafrikanische Graben zur wichtigsten und fossilreichsten Fundstelle für Vorläuferformen des modernen Menschen. Von Äthiopien bis nach Mozambique erstreckt sich das Ostafrikanische Riftsystem mit seinen weltberühmten Grabungsgebieten.

Nach der Theorie der Kontinentalverschiebung (Alfred Wegener, 1912) ist die Erdkruste keine durchgehende Schale, sondern in etwa 20 starre Platten auseinander gebrochen. Die Afrikanische Platte besteht aus ozeanischer und kontinentaler Kruste, die unter den Spannungsverhältnissen an der so genannten Triple-junction von Somalischer, Nubischer und Arabischer Platte auseinander bricht.
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Geologische Fragestellungen
Die geologische Arbeit von Seidler und seinem Team unterstützt die bisherigen anthropologischen Grabungen in der äthiopischen Savanne.

Zu den wichtigsten Fragestellungen zählten dabei: die Altersbestimmung der vulkanischen Gesteine, durch die alle Fossilfunde indirekt datiert wurden, und die Erstellung von geologischen Profilen und das Beschreiben der Sedimente, in denen die Knochen steckten. Darüber hinaus wurde die tektonischen Entwicklung des Ostafrikanischen Grabensystem detailliert erforscht.
Moderne Methoden der Fossiljäger
Für ihre Geländearbeiten verwendeten die Forscher Aufnahmen von zwei Satelliten ("Ikonos" und "LandSatTM7"), um fossilreiche Gebiete effizienter von fossilarmen abzugrenzen. Die moderne Satellitenbildverarbeitung ist eine der wichtigsten Voraussetzungen, um geologische Karten des Arbeitsgebietes zu erstellen und diese mit anderen Gebieten zu vergleichen.
Beutezug geht voran
Die Grabungsarbeiten des PAR-Teams führten in den vergangenen vier Jahren bereits zu mehreren Funden gut erhaltener Primaten- und Hominidenzähnen. Mindestens einer davon kann der Gattung Australopithecus afarensis zugeordnet werden und stellt eine Ergänzung zu anderen Hominidenfunden dar.
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Australopithecus afarensis - Zahn
Hominidenzahn
Wie von österreichischen und italienischen Anthropologen bestimmt, handelt es sich beim bisher spektakulärsten Fund des Forscherteams von Horst Seidler um einen Zahn von Australopithecus afarensis - einem Vorläufer des modernen Homo sapiens.

Aus den bisherigen geologischen und paläontologischen Daten ergibt sich ein Alter von rund vier Millionen Jahren für diesen Fund.
->   Faunenbeschreibung im Grabungsgebiet
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Rekonstruktion des damaligen Lebensraums
Zusätzlich zu diesen Hominidenfunden sind insgesamt mehrere hundert Fossilien ausgegraben und bestimmt worden. Überreste von Hyänen, Elefanten oder Krokodilen, geben gute Hinweise auf das landschaftliche und klimatische Umfeld, in dem sich "Lucy und Kollegen" entwickelt haben.

Weite Steppen, einzelne Wasserstellen und saisonale Niederschläge haben den Lebensraum unserer direkten Vorfahren laut dieser Rekonstruktion geprägt.
Je älter, desto sensationeller
Im Grabungswettstreit der verschiedenen Forschungsgruppen aus aller Welt zählen besonders die ältesten Hominidenformen - wie Australopithecus afarensis oder anamensis - zu den begehrtesten Fundobjekten.

Österreich ist mit dem PAR-Team weltweit eines der wenigen Länder, das in der Lage ist, aktiv im Ostafrikanischen Graben - gerne auch als "Wiege der Menschheit" bezeichnet - wissenschaftlich arbeiten zu können.
->   Riftvulkanismus im Grabungsgebiet - Geologie Wien
->   science.ORF.at-Archiv zum Hominiden-Stammbaum
 
 
 
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01.01.2010