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Alpbach: Kultureller Mangel als Demokratiedefizit  
  Es gibt in vielen Bereichen kein gemeinsames Europa: Auf diesen plakativen Nenner könnte man den Vortrag des niederländischen Sozialwissenschaftlers Abram de Swaan beim Forum Alpbach Dienstagabend bringen.  
Die Europäische Union ist ein seltsames Gebilde: mehr als ein loser Staatenbund aber doch kein Bundesstaat, sie fasziniert ihre Bürger manchmal, ärgert sie meistens und langweilt sie den Rest der Zeit. So fasste de Swaan seinen Eindruck von Europa zusammen. Europa sei vor allem eines nicht: ein gemeinsamer öffentlicher Raum.
Europäisches Forum für Intellektuelle fehlt
Die Zersplitterung Europas hat nicht nur mit den vielen unterschiedlichen Sprachen zu tun, sagte de Swaan.

Es habe auch zum Beispiel mit dem Subsidiaritätsprinzip zu tun, das der Union sogar verbietet sich allzu sehr in nationale Belange einzumischen. Fast alle gesellschaftlichen Bereiche bis hin zur Kulturpolitik werden nach vor national bestimmt.

Intellektuelle, deren Aufgabe es ja wäre, eine gesamteuropäische Debatte zu führen, finden keine gemeinsame Plattform. Die transnationalen Medien, in denen solche Diskussionen stattfinden, kommen zum überwiegenden Teil aus den USA.
Sprachenvielfalt verschärft das Problem
Verschärft werde das Problem natürlich durch die Sprachenvielfalt und die fehlende Sprachenpolitik in der EU, sagte de Swaan.

Schon die sechs Gründungsmitglieder haben vier Sprachen eingebracht. Da hat sich noch Französisch als "walking language" etabliert. Mit dem Beitritt Großbritanniens und Irlands sei das daneben und dann zunehmend in erster Linie das Englisch geworden.

Mittlerweile dominiert Englisch im grenzüberschreitenden Verkehr in allen Bereichen. Der Großteil der Europäer spricht oder versteht Englisch. Dennoch: Als offizielle Europasprache hat es sich nicht durchgesetzt - und wird es sich wohl auch nie, da stehen die nationalen Eigeninteressen dagegen.
Ausweg gesucht
De Swaan sieht diesen Mangel an gesamteuropäischer Kultur und intellektueller Debatte auch als demokratischen Mangel. Einen Ausweg aus dem Dilemma zeigte er aber nicht. Derzeit sei es wichtig, überhaupt einmal das Problem zu erkennen, meinte er.

Franz Simbürger, Ö1-Wissenschaft
->   Homepage Abram de Swaan
->   science.ORF.at-Archiv zum Europäischen Forum Alpbach
 
 
 
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01.01.2010