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Forscher zeigen: Rache ist tatsächlich süß  
  Besserwisser, die ihren Mitmenschen ständig Lektionen erteilen, folgen einem natürlichen Impuls. Wer andere zurechtweist oder sie für unpassendes Verhalten bestraft, wird nach Erkenntnis eines Schweizer Forscherteams vom Hirn belohnt.  
Das Team um Dominique de Quervain von der Universität Zürich wies nach, dass Rache das "dorsale Striatum" aktiviert, ein Hirnzentrum für freudige Empfindungen und emotionale Belohnung.
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Die Studie "The Neural Basis of Altruistic Punishment," von D. J.-F. de Quervain et al. erschien im Fachjournal "Science" (Band 305, S. 1.254-8, Ausgabe vom 27.8.04).
->   Science
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Maßregelung wird selbst bei Nachteilen erteilt
Das Verlangen nach dieser Art von Befriedigung gehe bei manchen Menschen so weit, dass sie nicht einmal vor eigenen Nachteilen zurückscheuten, um andere zurechtweisen zu können, berichten die Forscher.
Recht und Ordnung im Experiment
Bild: Science/De Quervain et al.
Das Team engagierte ein gutes Dutzend Männer zum Spiel mit echtem Geld. Dabei konnten Spieler paarweise durch kooperatives Verhalten das Kapital beider mehren oder aber einer konnte den Gewinn für sich selbst einstreichen.

Unkooperative Spieler konnten von den anderen bestraft werden. Welche Art von Hirnreaktion die Bestrafung bei den Strafenden auslöste, beobachteten die Forscher mit einen Aufnahmeverfahren - Positronen-Emissionstomographie, PET -, das physiologische und biochemische Funktionen auf Zellebene sichtbar macht (siehe Bild rechts).
Normempfinden hat neurobiologische Basis
"Unser Ergebnis untermauert die Hypothese, dass Menschen Genugtuung empfinden, wenn sie Verstöße gegen die Norm bestrafen" und so für Gerechtigkeit sorgten, heißt es in dem Artikel.
Evolutionäre Wurzeln: Gesellschaften ohne Rechtshüter
De Quervain und Kollegen führen den Trieb auf evolutionäre Wurzeln zurück. Jahrtausendelang habe die Menschheit nicht über ein Rechtssystem wie heute verfügt, wo Richter und Polizisten für Ordnung sorgen.

Deshalb waren "private Sanktionen" nötig, um unrechtmäßiges oder auch nur unkooperatives Benehmen anderer zu ahnden, erläutern die Forscher.
Paradox: Selbe Hirnregion bei Belohnungen aktiviert
Ironie ist allerdings auch aus ihrer Sicht, dass die Bestrafung die gleiche Hirnregion anspricht, die auch bei der Würdigung und Belohnung von Mitmenschen aktiviert wird.

"Diese scheinbar konträren Vorgänge (Bestrafung und Belohnung) haben die gleiche psychologische Basis: Sie setzen ein für die Gesellschaft befriedigendes Ergebnis voraus", meinen die Schweizer Experten. Weitere Untersuchungen sollen nun zeigen, ob Rache nur für Männer oder auch für Frauen "süß" ist.
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Literaturhinweis
Zu diesem Thema erschien in "Science" (Band 305, Ausgabe vom 27.8.04) auch der Begleitartikel "Sweet Revenge?" von B. Knutson, in dem die vorliegende Studie in einem weiteren fachlichen Kontext dsikutiert wird.
->   Science
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->   Pressemitteilung der Universität Zürich zum Thema
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at
->   Je größer das Hirn, desto betrügerischer (30.6.04)
->   Die Zellen, die uns menschlich machen (17.6.04)
->   Affen haben einen Sinn für Gerechtigkeit (17.9.03)
->   Moral: Wie das Gehirn entscheidet (14.9.01)
 
 
 
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01.01.2010