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Gehirn produziert eigene Antipsychose-Arznei  
  Eine Cannabis-ähnliche Substanz, die vom Gehirn produziert wird, könnte wahnhafte oder psychotische Erfahrungen eher dämpfen als auslösen, berichtet ein deutsch-amerikanisches Forscherteam.  
Hoher Cannabis-Konsum wurde in früheren Studien bereits mit Psychosen in Verbindung gebracht. Die Forscher haben nun die Verbindung zwischen dem natürlichen Cannabinoid-System des Gehirns und Schizophrenie genauer untersucht.
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Präsentation der Ergebnisse auf Kongress
Das Forscherteam, bestehend aus Markus Leweke von der Universität Köln sowie Andrea Giuffrida und Danielle Piomelli von der University of California in Irvine, stellten ihre Ergebnisse auf der National Cannabis and Mental Illness Conference im australischen Melbourne vor.
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Anandamid als "natürliches THC"
Die Wissenschaftler maßen zunächst den Gehalt einer natürlichen Cannabis-ähnlichen Substanz namens Anandamid, die an die gleichen Rezeptoren wie die Cannabis-Wirksubstanz THC bindet. In Patienten, die an Schizophrenie leiden, fanden die Forscher demnach deutlich höhere Werte als in gesunden Kontrollpersonen.
Deutlich höhere Werte bei Erkrankten
Im Detail untersuchten die Mediziner 47 Probanden, die einen ersten Krankheitsschub erlitten und noch keine Medikamente eingenommen hatten, sowie 26 Personen mit Symptomen einer Psychose, denen ein hohes Risiko einer Schizophrenie-Erkrankung attestiert wurde.

Die Ergebnisse wurden verglichen mit den Werten von 84 gesunden Testpersonen. Bei Patienten mit ersten Symptomen einer Psychose lagen die Anandamid-Werte etwa sechs mal höher, Schizophrenie-Patienten wiesen einen rund acht mal höheren Spiegel auf als gesunde Probanden.
Ursache oder Wirkung?
Doch waren die hohen Werte der Auslöser für die psychotischen Symptome, oder handelte es sich um eine Reaktion darauf? Das Forscherteam entdeckte zur eigenen Überraschung, dass die Anandamid-Werte niedriger lagen, je stärker die Schizophrenie ausgeprägt war.
Freisetzung zur Kontrolle der Erkrankung
Die theoretische Schlussfolgerung: Statt Psychosen hervorzurufen, wird die Substanz in Reaktion auf die Krankheitssymptome freigesetzt - um diese zu kontrollieren. Menschen mit den schwersten Symptomen könnten möglicherweise nur ungenügende Mengen an Anandamit produzieren, spekulieren die Wissenschaftler.
->   National Cannabis and Mental Illness Conference
->   Alles zum Stichwort Cannabis in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010