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Astrophysiker Rees über die Herkunft des Menschen  
  Wenn man zehntausend Menschen zufällig auswählt, so ist es wahrscheinlich, dass 9.999 von ihnen eines gemeinsam haben: Sie arbeiten auf der Erdoberfläche und interessieren sich vor allem für Dinge, die mit ihr zu tun haben. Der Zehntausendste aber interessiert sich für ganz andere Dinge. Martin Rees ist einer davon - er ist Astronom. Mit dieser kleinen Geschichte begann der mehrfach preisgekrönte Forscher von der University of Cambridge seine Rede anlässlich der diesjährigen Alpbacher Technologiegespräche.  
Sein Thema: "Wo kommen wir her?" - eine wahrlich schwierige Frage. Martin Rees kann sie selbst nicht beantworten, aber er kann uns ein Gefühl dafür vermitteln, wo wir nach der Antwort suchen müssen.
Parallelen von Makro- und Mikrokosmos
Bild: ORF/Hannes Zischek
Martin Rees in Alpbach
"Wir wissen weder, warum es damals geknallt hat, noch, wie oft es geknallt hat", sagt Rees. Eines sei aber sicher: Jedes einzelne Atom, aus dem unser Körper besteht, ist beim Urknall entstanden, bevor es zu dem wurde, was es jetzt ist. Makrokosmos und Mikrokosmos weisen Parallelen auf.

Ein Atom gleicht einem Sonnensystem so sehr, dass man den Zusammenhang nicht länger ignorieren könne. Es gehe jetzt darum, diesen Zusammenhang herzustellen, die eine Theorie zu entwickeln, die Makro- und Mikrokosmos in sich erklärt.
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Martin Rees
Martin Rees zählt zu den berühmtesten Astrophysikern der Gegenwart. Der Brite ist königlicher Astronom, Ehrenprofessor des Imperial College der London und Leicester University sowie Professor für Kosmologie und Astrophysik in Cambridge. Im Rahmen der Technologiegespräche des Forum Alpbach (26.-28.8.2004) hielt er den Vortrag "Wo kommen wir her?".
->   Martin Rees, University of Cambridge
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Suche nach fremdem Leben ...
Der Antwort ein Stück näher bringen könnte uns die Suche nach fremdem Leben. "Unser Sonnensystem", sagt er, "ist nicht einzigartig. Im Gegenteil." Von der unendlichen Anzahl von Sonnen, um die Planeten kreisen, haben wir erst wenige entdeckt.

Hinzu kommt, dass wir erdähnliche Planeten, auf denen sich Leben wie auf der Erde entwickelt haben könnte, ab einer gewissen Entfernung nicht mehr erkennen können.

"Irgendwann", ist Rees überzeugt, "werden wir unseren Enkelkindern zu jedem Stern am Himmel eine Geschichte erzählen können. Wie viele Planeten um ihn kreisen, wie diese beschaffen sind."
... der Mars wäre zu einfach
Andererseits muss man nicht unbedingt in kosmische Ferne blicken, um Spuren von Leben zu entdecken. Die einfachste Lebensform, Bakterien, könnten auf dem Mars einmal existiert haben. Deshalb ist Rees zuversichtlich, dass auch anderswo Leben entstanden sein könnte.

"Wenn in unserem kleinen Sonnensystem sich zwei Mal unabhängig voneinander Leben entwickelt hat, ist die Chance dafür außerhalb unseres Sonnensystems enorm." Eine französische Agentur hat einen Preis ausgeschrieben für den ersten, der einen Beweis für Leben im All erbringt. Der Mars aber ist eine Ausnahme - das wäre zu einfach, so Rees.
Menschheit hat noch viel Zeit
Uns bleibt noch genügend Zeit. Sechs Milliarden Jahre wird die Sonne noch existieren, rechnet Rees vor. Wenn die Geschichte unseres Sonnensystems ein Fußmarsch durch die USA wäre, von Ost nach West, dann würden wir nur alle zweitausend Jahre einen Schritt machen, und stünden gerade irgendwo im Bundesstaat Kansas.

"Nicht gerade einer der Höhepunkte einer solchen Reise", wie Rees schmunzelnd anmerkt. Der Mensch werde das Ende unserer Sonne nicht mehr erleben, posthumane Wesen womöglich. "Woody allen sagte: 'Die Ewigkeit dauert eben sehr lange, vor allem gegen Ende.'"
Mahnender Schlussapell
Martin Rees weiß, wie er komplexe Themen für eine breite Masse zugänglich machen kann. Selbst seinen mahnenden Apell am Ende seines Vortrags kleidet er in eine amüsante Geschichte: Wenn Außerirdische die Erde seit Anbeginn beobachten würden, hätten sie sich bis jetzt gelangweilt. Ein paar Eiszeiten, Kontinentalverschiebungen und der eine oder andere Meteoriteneinschlag.

Die letzten 50 Jahre aber wäre die Post abgegangen. Metallteile schießen von der Oberfläche ins All, es wird ständig dunkler und nebliger. "Was werden die Beobachter in 50 Jahren sehen? Nur mehr Rauch? Vielleicht gibt uns diese Geschichte Ansporn, unseren kleinen blauen Punkt im Universum in Zukunft etwas besser zu behandeln."

Wolfgang Luef
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Wolfgang Luef ist Teilnehmer der Fachhochschul-Studiengangs Journalismus in Wien und nahm an den Technologiegesprächen des Forum Alpbach 2004 als ORF-Stipendiat teil.
->   Fachhochschul-Studiengang Journalismus
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->   Forum Alpbach
Mehr zu den Technologiegesprächen des Forum Alpbach 2004:
->   Was ist "präkompetitive Forschung"? (27.8.04)
->   Die "Natur" der Welt von morgen (27.8.04)
->   Forum Alpbach: Innovationen für den Reichtum (26.8.04)
 
 
 
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01.01.2010