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Verletzungen der Seele: Trauma-Kongress in Wien  
  Ein Trauma, das bedeutet schwerste Verletzungen der Seele. Auslöser kann der plötzliche Tod eines nahe stehenden Menschen sein, Gewalterfahrung am eigenen Leib, das Miterleben von Leid anderer.  
Mit traumatisierenden Erlebnissen bzw. mit dem professionellen Umgang mit Traumapatienten befasst sich derzeit in Wien die 6. Jahrestagung der Deutschsprachigen Gesellschaft für Psychotraumatologie. Ein Thema sind die Kriege im ehemaligen Jugoslawien.
->   Vorbericht zum Kongress (10.8.04)
Der Krieg hat viele Gesichter...
Der Krieg habe viele Gesichter, sagt die Münchner Trauma-Expertin Rita Rosner: pure Gewalt, aber genauso der Verlust von Haus und Hof, die Trennung von Familie und Freunden ¿ um nur einige zu nennen.

Als Reaktion auf den traumatischen Stress beobachten Experten bei den betroffenen Zivilisten Depressionen, Angststörungen, somatische Störungen, Drogenmissbrauch.
...auch das posttraumatische Belastungssyndrom
Rita Rosner weist im ORF-Radio nicht nur auf die vielfältigen Ausprägungen des ¿Posttraumatischen Belastungssyndroms¿ hin, sondern auch auf das Problem der Co-Morbidität:

"Die Symptome [Anm: z.B. Depressionen, Angststörungen, somatische Störungen, Drogenmissbrauch] sind natürlich auch untereinander verknüpft. Wenn jemand eine posttraumatische Belastungsstörung entwickelt und die nicht behandelt wird, dann kommt es zu Co-Morbiditäten", so Rosner:

"Man entwickelt Depressionen, weil man das Gefühl hat, man könne das nicht bewältigen. Nicht nur, dass man sich auf das Ereignis bezieht, bezieht man sich auch auf die Symptome: Man macht sich z.B. Sorgen darüber verrückt zu werden, weil immer noch Bilder des traumatischen Erlebnissen kommen."
Studie: Menschen aus Sarajewo
Rita Rosner hat im Jahr 2000 eine Studie zu den Folgen des Balkan-Krieges durchgeführt. Von jenen Zivilisten, die im Anschluss an die Flucht ins Ausland wieder nach Sarajewo zurückgekehrt sind, hätten 10 Prozent am post-traumatischem Belastungssyndrom gelitten, sagt Rosner:

"Im Wesentlichen waren diese Personen fast drei Jahre im Kriegsgebiet. Sie sind relativ spät geflüchtet. Die Menschen hoffen sehr lange, dass es noch irgendwie möglich ist, zu Hause zu bleiben."
Vertriebene besonders häufig traumatisiert
Von jenen Personen, die aus Sarajewo nicht ins Ausland geflohen sind, sondern ins Umland vertrieben wurden, waren sogar 20 Prozent traumatisiert.

Frauen waren doppelt so häufig betroffen wie Männer, ergab die Studie von Rita Rosner Denn für viele Frauen würden sich die Probleme in der Folge eines Krieges potenzieren - z.B. durch den Verlust des Ehemannes, die alleinige Verantwortung für die Familie oder gar Vergewaltigung.

Barbara Daser, Ö1-Wissenschaft
->   Website von Rita Rosner (Uni Münschen)
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at
->   Neu: Österreichisches Netzwerk für Traumatherapie (1.9.04)
->   Traumata belasten Erinnerungsvermögen (18.6.04)
->   Krankheit: "Posttraumatische Verbitterungsstörung" (8.8.03)
 
 
 
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01.01.2010