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Studie: Zugvögel haben kleinere Gehirne  
  Optimieren statt maximieren heißt das Rezept für den erfolgreichen Zugvogel. Wie heimische Ornithologen jetzt herausfanden, trifft dies auch auf das Gehirn der Tiere zu. Es ist kleiner als jenes ihrer nicht ziehenden Verwandten.  
Seit über 20 Jahren beschäftigt sich der Ornithologe Hans Winkler vom Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung der ÖAW sowie Mitarbeiter am Institut für Ökologie und Naturschutz der Universität Wien, mit den Auswirkungen des Vogelzuges auf die Morphologie der Tiere.

Wie Winkler nun in Zusammenarbeit mit Gustav Bernroider von der Universität Salzburg in einer Studie zeigen konnte, hat das jährliche Zugverhalten nicht nur Auswirkungen auf den Flugapparat, sondern auch auf das Gehirn der Vögel.
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Vor allem das Vorderhirn betroffen
"Wie wir herausfanden, ist vor allem das Vorderhirn, wo entsprechend unserem Großhirn die integrativen Leistungen stattfinden, bei Langstreckenfliegern massiv kleiner als das von Nichtziehern", erläutert Winkler die teilweise doch überraschenden Forschungsergebnisse.
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Je weiter der Weg, desto kleiner das Hirn
Je weiter die Vögel ziehen, desto dramatischer sind dabei die Unterschiede. Unterschiede, die sich auch bei der Schädelkapsel deutlich zeigen, wie Messungen von Schädeln an amerikanischen und europäischen Vogelarten belegen.
Auswirkungen auf Verhalten?
Über die Auswirkungen auf das Verhalten der Tiere können die Wissenschaftler vorerst nur spekulieren.

Möglich wären Unterschiede in der sozialen Kompetenz oder bei den Sinnesleistungen gegenüber Standvögeln. "Wir wissen über Vogelhirne aber allgemein noch relativ wenig", bekennt Winkler.

"Lange Zeit hat man überhaupt gedacht, das Gehirn von Säugetieren und Vögeln sei ziemlich gleich. Tatsächlich sind Vogelhirne völlig anders konstruiert", so der Wissenschaftler in "www.dieuniversitaet-online.at".
Kleines Gehirn spart Energie
Ebenso unklar ist, warum sich das Gehirn derart entwickelt. Eine entscheidende Rolle könnte dabei jedoch der Energiehaushalt der Vögel spielen. "Beim Menschen wird etwa 20 Prozent der Energie allein vom Gehirn verbraucht", erklärt Winkler, "und bei Vögeln ist dies ganz ähnlich."

Jede Einschränkung der Gehirngröße wäre eine Energieersparnis auf Langstreckenflügen.
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Abbruch der Jugendentwicklung als weitere Ursache?
Eine weitere Ursache könnte in der langen Entwicklungszeit des Gehirns begründet liegen, wobei das Vorderhirn erst zuletzt gebildet wird. Zugvögel müssen sich jedoch schon sehr früh auf den Zug vorbereiten. Dies hat massive hormonelle Umstellungen zur Folge und könnte so zum Abbruch der Jugendentwicklung führen.
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Schwerer Vogel - leichte Beute
Der Energiehaushalt ist eines der Hauptprobleme, mit denen Zugvögel auf dem langen Flug in ihre Winterquartiere und zurück konfrontiert sind. Dabei geht es jedoch keineswegs um das Maximieren, sondern vielmehr ums Optimieren, um das Abwägen von Risiken und Nutzen, Einschränkungen und Vorteilen.

So würde beispielsweise eine möglichst große Fettaufnahme zu Beginn des Fluges zwar viel Energie und weite Flugstrecken garantieren, das höhere Gewicht zugleich jedoch ein erhöhtes Risiko beinhalten, von Räubern erwischt zu werden.
"Optimalität im Vogelzug"
Diesem so genannten Optimalitätsprinzip, das auch aus der Ökonomie bekannt ist, unterliegen im hohen Ausmaß Verhalten und Körpermerkmale der Zugvögel. "So können wir heute aufgrund des Körperbaues sehr genau sagen, wie weit ein Vogel zieht", so Winkler.

Der "Optimalität im Vogelzug" widmet sich auch ein gleichnamiges, europaweites Forschungsprogramm, das von der European Science Foundation (ESF) gefördert wird.

Durch dieses länderübergreifende Netzwerk wollen die Wissenschaftler mehr über das Optimalitätsprinzip im Vogelzug erfahren - und damit zugleich einen Beitrag für einen verbesserten Artenschutz der Zugvögel leisten.
->   Institut für Ökologie und Naturschutz der Uni Wien
->   Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung (ÖAW)
->   European Science Foundation
->   www.dieuniversitaet-online.at
->   Mehr zum Thema Zugvögel in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010