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Kerry kontra Bush: 15 Antworten auf "Wissenschaftsfragen"  
  Die in den USA anstehenden Präsidentschaftswahlen rücken näher - und im Werben um Wählerstimmen beziehen George Bush und John Kerry auch bezüglich Fragen der Wissenschaft und Forschung Stellung. In den renommierten Fachmagazinen "Nature" und "Science" ist nun zeitgleich ein "US election special" erschienen. US-Präsident Bush und Herausforderer Kerry geben darin auf 15 Fragen Antwort - von Klimapolitik und Stammzellforschung bis zu Nuklearwaffen- und Raketenabwehrprogrammen.  
Das Ergebnis solle eine Ahnung davon geben, wofür die Kandidaten stehen, heißt es einleitend in "Nature".
Einflussreiche US-Regierung
Und erklärt wird auch, warum die Antworten selbst jene interessieren sollten, um deren Stimmen es bei der US-Präsidentschaftswahl gar nicht geht - also etwa die Europäer:

Gehe es beispielsweise um ökonomische oder militärische Entscheidungen, so hätten die Handlungen der US-Administration sehr wahrscheinlich ebenso viel Einfluss auf Europas Länder, wie jene der jeweils eigenen Regierung, heißt es dazu.
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Unter dem Titel "Head to head" sind in "Nature", Bd. 431, Ausgabe vom 16. September 2004, nach einer kurzen Einleitung die 15 Fragen sowie Antworten der beiden Präsidentschaftskandidaten zu lesen. Wie es in "Nature" heißt, sollten Bush und Kerry in jeweils etwa 1.500 Worten ihre Standpunkte erläutern. Der Herausforderer hielt sich an die Vorgaben - seine Aussagen sind in voller Länge nachzulesen. George Bush lag allerdings rund 30 Prozent darüber, entsprechend gekürzt erscheinen nun seine Antworten in dem Fachmagazin.

Fünf Artikel von "Nature"-Journalisten, die verschiedene Aspekte näher beleuchten, runden das "US election special" ab.
->   Das gesamte "US election special" in "Nature"
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Gegensätze in der Klimapolitik
Bild: Nature
In einigen Fragen sind die gegensätzlichen Standpunkte erwartungsgemäß recht deutlich - etwa bezüglich der Klimapolitik. "Sind durch die Verbrennung fossiler Stoffe produzierte Treibhausgase die Hauptursache für den globalen Klimawandel?", lautet die Frage.

George Bush bezeichnet den Klimawandel als "ernstes Langzeit-Thema" - und verweist dann etwas schwammig auf "Unsicherheiten bezüglich des Effekts natürlicher Fluktuationen auf das Klima sowie des zukünftigen Einflusses des Klimawandels auf die Umwelt".

John Kerrys Aussage hingegen ist deutlicher: Er sieht die Klimaerwärmung als wissenschaftlich bewiesen - und den steigenden Ausstoß von das Klima schädigenden Gasen zumindest als Verschlimmerung des Problems.

Er will nicht nur im Heimatland konkrete Schritte dagegen unternehmen, sondern auch international an den Verhandlungstisch - Stichwort: Kyoto-Protokoll - zurückkehren.

Im Bild rechts zu sehen ist das aktuelle Cover von "Nature".
Nuklearwaffen und Stammzellforschung
Was beispielsweise die Forschung an neuen Nuklearwaffen angeht, plädiert Kerry für einen Stopp der Programme. Bush hingegen sieht für die entsprechenden Laboratorien die Notwendigkeit, auf neue Sicherheitsbedürfnisse flexibel reagieren zu können .

In Sachen Stammzellforschung wiederum bekräftigt der derzeitige Präsident seinen Standpunkt, öffentliche Gelder nur begrenzt der - auch in Europa umstrittenen - Forschung an menschlichen embryonalen Stammzellen zukommen zu lassen.

Sein Herausforderer verspricht für den Fall seiner Wahl, die "ideologisch angetriebenen Restriktionen" gegenüber dieser Forschung aufzuheben, gleichzeitig jedoch "rigorose ethische Aufsicht" sicherzustellen.
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Weitere Fragen an Bush und Kerry
- Besteht die Gefahr, dass erhöhte Reisekontrollen von Wissenschaftlern in die USA, eingeführt in Erwiderung auf Sicherheitsbedenken, die US-Wissenschaft isolieren und ihre Führungsrolle in Gefahr bringen wird?
- Sollten die Vereinigten Staaten beim Bau des internationalen Fusionsreaktors ITER voll teilnehmen?
- Denken Sie, dass die USA in den nächsten zehn bis 15 Jahren Astronauten auf den Mond oder Mars schicken sollten? Wenn ja, warum soll man Menschen statt Roboter senden?
- Stellen BSE und seine mögliche Übertragung auf Menschen eine signifikante potenzielle Bedrohung der Gesundheit in den USA dar?
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Das Problem mit der Wissenschaftlichkeit
Bild: Nature
Die entsprechende Bebilderung zum "Nature"-Titel "Kopf an Kopf"
Wie wichtig den Kandidaten "wirklich unparteiischer wissenschaftlicher Rat" ist, war Inhalt einer weiteren, nicht unbrisanten Frage. In Sachen Wissenschaftlichkeit ist George Bush schließlich bereits einige Male unter Beschuss geraten, wie in "Nature" nachzulesen ist.

Im Juni 2003 etwa berichtete die "New York Times" auf der ersten Seite über Versuche von Beamten des Weißen Hauses, einen offiziellen Umwelt-Report abzuschwächen, um die menschlichen Einflüsse auf den Klimawandel herunter zu spielen.

Dem Zeitungsartikel folgten weitere Anschuldigungen, das Weiße Haus würde sich in die Wissenschaft einmischen. Sehr prominent etwa waren die Aussagen der Union of Concerned Scientists (UCS), die Dutzende Fälle auflistete, in denen die US-Regierung wissenschaftliche Erkenntnisse unterdrückt oder so verändert habe, dass sie zur politischen Ideologie passten.
->   Vorwurf an US-Regierung: Verfälschung von Fakten (20.2.04)
->   Union of Concerned Scientists (UCS)
Politik und Forschung als "große Versuchung"
Bush jedenfalls bekennt sich nun in "Nature" zu "höchsten wissenschaftlichen Standards" bezüglich des Treffens von Entscheidungen. Kerry wiederum verspricht, dass seine Administration niemals unausgewogene Ratschläge als Grundlage für politische Entscheidungen verwenden würde und plädiert für "wirklich unparteiische Expertenberatung".

In einem Begleitartikel in "Nature" wird zu dieser Frage ein Experte von der Princeton University zitiert: Michael Oppenheimer sieht demnach in beiden Lagern unterschiedliche Haltungen gegenüber des Wertes von Wissenschaft. "Die gegenwärtige Regierung scheint nicht geneigt, Experten und Institute eine unabhängige Beurteilung präsentieren zu lassen", sagt er.

Doch wird der Demokratische Kandidat im Fall seiner Wahl die versprochene Unterscheidung zwischen Wissenschaft und Politik machen? "Die Versuchung, Politik in die Forschung zu injizieren, ist immer da", meint dazu Lexi Shultz von der UCS. "Diese Administration ist ihr erlegen, und es ist möglich, dass die nächste es dies auch tun wird."
->   The White House
->   Offizielle Homepage von John Kerry
Mehr zu diesen Themen in science.ORF.at:
->   Bushs Weltraum-Pläne: Erst Mond, dann Mars (15.1.04, ORF.at)
->   Bush-Rede: Die Themen Klonen, Aids und Energie (29.1.03)
->   Gemischte Reaktionen auf Umweltpläne von Bush (15.2.02)
->   USA: "Kampf gegen Terror" dominiert Science-Budget (5.2.02)
->   Bush zur Stammzellenforschung: Ja, aber (10.8.01)
 
 
 
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01.01.2010