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Meinungen von Historikern über Hitler-Film geteilt  
  Der neue Hitler-Film "Der Untergang" führte auf dem 45. Deutschen Historikertag in Kiel zu geteilten Meinungen. Bei einer Podiumsdiskussion nach einer Sonderaufführung gab es Lob, aber auch kritische Anmerkungen.  
Übereinstimmend wurde allerdings die Detailgenauigkeit der im Film dargestellten Fakten festgestellt.

Jan-Oliver Decker etwa, Medienexperte an der Universität Kiel, sprach von "konventionellem Erzählkino", das Hitler - gespielt von Bruno Ganz - nicht anders zeige als frühere Filme.
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Der Historikertag (14.-17.9. 2004) verzeichnet mit rund 3.500 Teilnehmern aus mehr als 23 Nationen eine Rekordbeteiligung. Unter dem Generalthema "Kommunikation und Raum" stehen über 60 wissenschaftliche Veranstaltungen mit Themen von der Antike bis zur Gegenwart auf dem Programm. Erstmals gibt es ein Doktorandenforum und Vorträge für Schüler.

Die drei baltischen Staaten Lettland, Estland und Litauen sowie Polen sind Gastländer des Historikertages, der erstmals seit Beginn der Treffen 1893 eine Partnerregion hat und zum ersten Mal in Kiel tagt.
->   www.historikertag2004kiel.de
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Nebeneinander von Wahnsinn und Normalität
Dagegen fand der Münchner Historiker Hermann Graml den Film "ganz hervorragend". Das Nebeneinander von Wahnsinn, grausiger Komik und Normalität habe ihn tief beeindruckt. "Ich kenne keinen Film, der die Vergangenheit so eindringlich und derart quälend lebendig werden lässt."

Er glaube, dass viele Zuschauer aus diesen Film viel lernen können, "nämlich Einsicht gewinnen in das Wesen des Naziregimes". Die Frage ob der Film innovativ sei, empfinde er dabei als unwichtig, meinte Graml.

Dass Hitler - gespielt von Bruno Ganz - menschliche Sympathien hervorrufen könnte, glaubt Graml indes nicht. "Er wird uns korrekt vorgeführt mit seinem Vernichtungswillen und seiner Art der Realitätsverweigerung." Der Film, so der Historiker, zeige Hitler als gealterten Mann, mit seinen paranoiden Ausbrüchen, im Stadion seines Scheiterns.
"Akt der Geschichtspolitik"
Als einen Akt der Geschichtspolitik bewertete der Kölner Historiker Jost Düffler die Produktion. Sie falle in eine Zeit, in der die Opferrolle der Deutschen im Zweiten Weltkrieg wieder stärker in den Blick gerate, sagte Düffler und verwies auf das geplante Zentrum gegen Vertreibungen.

Der Film setze dieser Entwicklung fast die Krone auf. Zwar werde Hitler nicht zum Opfer gemacht, aber die vielen Selbstmorde im Führerbunker kurz vor der Kapitulation vermittelten "eine Art Opfergang".
"Gewisse Sprödigkeit" durch Faktentreue
Christian Hartmann vom Institut für Zeitgeschichte in München und wissenschaftlicher Berater des Films betonte, dass es Produktionen gebe, die die Geschichte ausbeuten und andere, die sich ihr unterwerfen.

"Der Untergang", der die letzten 12 Tage der Nazi- Diktatur im Führerbunker zeigt, habe auf Detail- und Faktentreue gesetzt. Daher komme auch "eine gewisse Sprödigkeit".
Riesenerfolg einer "Geisterbahnfahrt"
Nach Ansicht Deckers wird der am heutigen Donnerstag in die Kinos kommende Hitlerfilm, bei dem Oliver Hirschbiegel Regie geführt hat, "ein Riesenerfolg" werden.

Die Zuschauer würden auf eine Art Geisterbahnfahrt mitgenommen: Hitler mal in die Augen schauen, sich ekeln können und am Ende fröhlich nach Hause gehen.
->   Filmhomepage "Der Untergang"
->   Mehr zum Film in ORF.at
 
 
 
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01.01.2010