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Schwimmer sind auch im Sirup schnell  
  Schwimmen Menschen in Sirup schneller oder langsamer, als es im Wasser der Fall ist? Was wie eine physikalische Scherzfrage klingt, ist tatsächlich ein altehrwürdiges Problem, über das sich bereits Christian Huygens und Isaac Newton den Kopf zerbrochen haben. US-amerikanische Forscher haben für diese Frage nun die experimentelle Antwort gefunden. Sie lautet: weder noch. Schwimmer sind in zähen Medien etwa gleich schnell wie im Wasser.  
Um das physikalische Problem zu beantworten, griffen Edward Cussler und Brian Gettelfinger von der University of Minnesota zu ungewöhnlichen Mitteln: Sie füllten ein 25 Meter langes Schwimmbecken mit einer vergleichsweise zähen Flüssigkeit und ließen 16 Personen durch das schleimige Nass kraulen.
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Die Studie "Will Humans Swim Faster or Slower in Syrup?" von Brian Gettelfinger und Edward Cussler erscheint im Fachjournal "American Institute of Chemistry and Engineering Journal" (AIChE Journal).
->   AIChE Journal
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Kuriose Fragestellung
"Was uns an dieser Frage interessierte, war ihre Bizarrheit", gesteht der US-amrikanische Physikochemiker Edward Cussler gegenüber dem Onlinedienst der Zeitschrift "Nature".

Zweites Motiv dürften die sportlichen Ambitionen seines Studenten und Co-Autoren der Studie, Brian Gettelfinger, gewesen sein. Gettelfinger ist Leistungsschwimmer und hat die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Athen nur knapp verpasst.
Experiment: 300 Kilogramm Guarkernmehl aufgelsöt
Um die zähe Masse für ihr außergewöhnliches Experiment herzustellen, verwendeten die beiden Forscher 300 Kilogramm Guarkernmehl - ein Verdickungsmittel, das normalerweise in Salatdressings, Eiscreme und Shampoos enthalten ist.

Diesen Stoff lösten sie in einem 25 Meter langen Schwimmbecken auf. Ergebnis war eine glibberige Masse, die etwa zwei Mal so zäh wie Wasser war. Cusslers ganz unakademisches Kommentar dazu: "Es sah aus wie Rotz".
16 Schwimmer paddeln im Sirup
Daraufhin ließen die Wissenschaftler 16 Testpersonen - darunter Leistungs- wie auch Freizeitschwimmer - im Becken ihre Längen abspulen.

Ergebnis des Experiments: Die Zeiten unterschieden sich nicht maßgeblich von den in Wasser erzielten, die Sirup-artige Flüssigkeit bremste die Schwimmer offenbar nicht.
Die Effekte erhöhter Viskosität
Hinter der bizarren Fragestellung steckt aber auch ein physikalische Prinzip, über das sich bereits Christian Huygens und Isaac Newton im 17. Jahrhundert den Kopf zerbrochen haben.

Grundsätzlich bewirkt nämlich eine erhöhte Viskosität, d.h. Zähigkeit, für den Schwimmer zweierlei. Zum einen erhöht sich die Reibung, zum anderen generiert aber der Sportler mit jeder Armbewegung eine stärke Antriebskraft.
->   Mehr zur Viskosität bei Wikipedia
Kleine Objekte gebremst, große nicht
Über einem gewissen Grenzwert von Größe und Geschwindigkeit heben sich diese beiden Effekte offenbar auf, wie nun Cussler und Gettelfinger herausgefunden haben.

Bei kleineren Objekten ist das nicht der Fall: Hätten die beiden ihre Experimente etwa mit Bakterien anstatt mit Menschen durchgeführt, dann wären diese durch die erhöhte Viskosität deutlich abgebremst worden.
Wie der ideale Schwimmer aussieht
Der entscheidende Faktor für hinreichend große und schnelle Objekte sei offenbar der Widerstand, der sich durch die Form ergibt. Demnach sollte sich der optimale Schwimmer - egal ob in Sirup oder Wasser - neben starker Muskelkraft durch ein schmales frontales Profil auszeichnen.

Cusslers drastische Veranschaulichung des physikalischen Widerstandsprinzips: "Der beste Schwimmer sollte den Körper einer Schlange und die Arme eines Gorillas besitzen."
->   Swimming in syrup is as easy as water (Nature News)
->   Cussler Group - University of Minnesota
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01.01.2010