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Fehlgeburten: Instabilität eines Ringmoleküls als Ursache?  
  Forscher am Institut für Molekulare Pathologie (IMP) in Wien haben einen möglichen Grund für die starke Zunahme der Gefahr von Fehlgeburten bei Frauen mit fortschreitendem Alter gefunden: Ein ringförmiges Molekül, das über Jahrzehnte stabil bleiben muss, spielt dabei eine entscheidende Rolle.  
Der Biochemiker Christian Häring und seine Kollegen beschreiben in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift "Molecular Cell" die Details, wie das IMP am Donnerstag mitteilte.
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Die Studie ist unter dem Titel "Structure and Stability
of Cohesin's Smc1-Kleisin Interaction" in "Molecular Cell", Bd. 15, Seiten 951-964, Ausgabe vom 24. September 2004 erschienen.
->   Abstract der Studie in "Molecular Cell"
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Replikation und Kohäsion bei der Zellteilung
Vor der Teilung einer Zelle werden in einem als Replikation bezeichneten Prozess bekanntermaßen zwei identische Kopien von jedem Chromosom hergestellt.

Die als Kohäsion bezeichnete Verbindung zwischen diesen Schwesterchromatiden stellt sicher, dass bei der folgenden Zellteilung jede Tochterzelle genau eine Kopie eines jedes Chromosoms erhält.
Fehler mit potenziell schwerwiegenden Folgen
Fehler bei dieser Chromosomenaufteilung führen zu Zellen mit fehlenden oder überzähligen Chromosomen, was schwerwiegende Folgen haben kann. So findet sich etwa eine abnormale Chromosomenanzahl häufig bei Krebszellen.

Das Down-Syndrom geht gleichfalls auf eine zusätzliche Kopie eines Chromosoms (Trisomie) zurück.
Die komplexe Entwicklung der Eizellen
Wenn sich nun ein weiblicher Organismus entwickelt, reifen die Keimzellen in zwei Phasen heran. Noch vor der Geburt durchlaufen vermutlich alle Eizellen des embryonalen Körpers den Chromosomen-Replikationsprozess, verharren jedoch daraufhin in einem Stadium vor der Zellteilung.

Erst mit Erreichen der Geschlechtsreife verlässt pro Zyklus jeweils eine Eizelle dieses Stadium, teilt sich - und wird schließlich zur reifen Eizelle. Zwischen der Chromosomen-Replikation und der ersten Teilung liegen somit viele Jahre bzw. Jahrzehnte.
->   Informationen zur Eizelle in wikipedia.org
Fehlgeburten durch fehlerhafte Teilung
Fehler während dieser Zellteilungen sind die häufigste Ursache für Fehlgeburten - und nehmen ab Ende 30 mit zunehmendem Alter der Mutter exponentiell zu. Die Gründe für die vermehrten Fehler mit höherem Alter sind weitgehend unbekannt.
Eiweißkomplex verbindet Schwesterchromatiden
Die IMP-Forscher konnten bereits mit ihrer Arbeit an Hefezellen zeigen, dass ein aus vier Untereinheiten bestehender Eiweißkomplex die Schwesterchromatiden vor der Zellteilung zusammenhält.

Dieser Eiweißkomplex bildet eine ringförmige Struktur, die die Schwesterchromatiden vermutlich richtiggehend umschließt.

Der Ring wird erst dann geöffnet, wenn die korrekte Aufteilung der Chromatiden in die Tochterzellen gewährleistet ist. Dies geschieht durch ein Enzym namens Separase, das wie eine molekulare Schere wirkt.
Sehr stabile Ring-Verbindung
Die Wissenschaftler stellten nun fest, dass die Verbindungen der Untereinheiten, die diesen Ring bilden, sehr stabil sind.

Sie fallen auch während langer Zeiträume nicht auseinander. In Zusammenarbeit mit Kollegen in Cambridge (Großbritannien), konnten die Forscher sogar eine dieser Verbindungen in atomarer Auflösung sichtbar machen.
Verbindung muss sehr lange halten
Gleichzeitig wiesen sie nach, dass es nicht möglich ist, die Verbindung zwischen den Schwesterchromatiden nach Vollendung des Replikations-Prozesses neu zu bilden.

Die während der Replikation hergestellte Kohäsion muss also bis zur folgenden Zellteilung halten.
Schwachstelle Kohäsion als mögliche Ursache
Falls dies auch auf Eizellen zutrifft, dann muss die noch vor der Geburt hergestellte Kohäsion jahrzehntelang halten, ohne die Möglichkeit, später erneuert oder repariert zu werden.

In dieser Schwachstelle könnte ein Grund für die starke Zunahme an Fehlern bei der Eizellreifung mit fortschreitendem Alter der Mutter liegen. Die Forscher wollen nun den molekularen Mechanismus des Eiweißkomplexes, der für die Kohäsion verantwortlich ist, weiter entschlüsseln.
->   Institut für Molekulare Pathologie (IMP)
->   Laboratory of Molecular Biology in Cambridge
->   Alles zum Stichwort Fortpflanzung in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010