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Teilchenforschungszentrum CERN fünfzig Jahre alt  
  Am europäischen Teilchenforschungszentrum CERN bei Genf versuchen Physiker seit nunmehr fünf Jahrzehnten zu ergründen, was die Welt im Innersten zusammenhält. Zu den dort gemachten wichtigsten Entdeckungen gehört etwa der 1984 gelungene Nachweis der so genannten W- und Z-Bosonen - Botenteilchen, die eine der vier Grundkräfte der Natur übermitteln.  
Die wohl populärste Errungenschaft des CERN war jedoch nur ein Nebenprodukt der dort betriebenen Grundlagenforschung: Im Jahr 1990 entwickelte der britische Wissenschaftler Tim Berners-Lee das WWW - ursprünglich um Physiker in aller Welt mit Daten aus Experimenten versorgen zu können.

Am Mittwoch (29. September) wird das CERN 50 Jahre alt.
Beginn in den 50ern
Zwölf Gründungsmitglieder zählte das Zentrum im Jahr 1954, Frankreich und Italien, aber auch Deutschland waren die treibenden Kräfte des internationalen Projekts, das eine Antwort auf die spektakulären Erfolge der US-Atomforschung während des Zweiten Weltkriegs war.

Heute hat das Zentrum 20 Mitgliedstaaten, Österreich ist seit 1959 mit von der Partie.
Frühes Projekt: Protonensynchrotron
Erstes Projekt des CERN (die Abkürzung stammt vom ursprünglichen, nicht mehr aktuellen Namen "Centre Europeen pour la Recherche Nucleaire") war der Bau eines so genannten Protonensynchrotrons (PS), 1959 ging dieser Beschleunigerring in Betrieb.

Zuvor wurde noch der Synchrozyklotron verwirklicht. Diese Beschleuniger hatten noch einen Durchmesser von einigen hundert Metern.
LEP und LHC - Gigantische Beschleuniger
Bild: CERN
Geradezu gigantische Ausmaße hatte dagegen der Elektron-Positron-Speicherring (LEP), der von 1989 bis 2000 in Betrieb war:

Der in einem unterirdischen Tunnel untergebrachte ringförmige Beschleuniger ist 27 Kilometer lang und reicht auch auf französisches Gebiet.

Mit dem lange umstrittenen Nachfolgemodell des LEP, den derzeit in Bau befindlichen Large Hadron Collider (LHC), werden keine neuen Größenrekorde aufgestellt: Nicht zuletzt aus Kostengründen wird der LHC in die alte LEP-Röhre eingebaut.

Bild rechts: Der im Bau befindliche Large Hadron Collider. Im Hintergrund ist die Stadt Genf mit dem Genfer See vor der Alpenkette zu sehen.
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Zusammenstöße nahe der Lichtgeschwindigkeit
In der kreisförmigen Röhre werden kleinste Partikel auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und zur Kollision gebracht.

Unter den Bruchstücken der Partikel, die meist nur eine extrem kurze Lebensdauer haben, ehe sie wieder zerfallen, suchen die Forscher die kleinsten Materie-Bausteine.

Sie können damit auch Bedingungen simulieren, wie sie unmittelbar nach dem Urknall geherrscht haben. Notwendig dafür sind aufwändige, riesige Detektoren, welche die Spuren der Teilchen aufzeichnen können.
Neue Energiedimensionen mit dem LHC
Neue Rekorde soll dabei der LHC aufstellen, und zwar bezüglich der Energien, mit der die Teilchen aufeinander treffen. So werden nicht mehr - wie im LEP - Elektronen auf die Kreisbahn geschickt. Vielmehr sind es vergleichsweise schwere Protonen, die mittels hochfrequenter, elektrischer Felder auf immer höhere Energien beschleunigt und dann zur Kollision gebracht werden.
->   LHC-Website
Nobelpreise für Botenteilchen und Detektortechnik
CERN gilt als einzigartige internationale Einrichtung auf dem Gebiet der Teilchenbeschleuniger, die Liste der wissenschaftlichen Entdeckungen füllt viele Bücher.

Arbeiten aus dem Zentrum wurden auch mit Nobelpreisen belohnt: Unter anderen erhielten 1984 Carlo Rubbia und Simon van der Meer die Auszeichnung für den Nachweis der so genannten W- und Z-Teilchen.

Diese vermitteln die Schwache Kraft, neben Starker Kraft (Kernkraft), Elektromagnetischer Kraft und Gravitation eine der vier Grundkräfte der Materie. 1992 wurde Georges Charpak für die Entwicklung der so genannten Vieldraht-Proportionalkammer mit dem Nobelpreis ausgezeichnet, welche die Detektorentechnik revolutioniert hat.
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"Spin off" World Wide Web
Die bekannteste Erfindung, die aus dem CERN hervorgegangen ist, ist wohl das World Wide Web (WWW). Der britische Wissenschafter Tim Berners-Lee entwickelte Ende 1990 das WWW, ursprünglich um Physiker in aller Welt mit den Daten aus den Beschleuniger-Experimenten versorgen zu können.
->   Mehr zu Berners-Lee in science.ORF.at
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Zukunft: Higgs-Boson ...
Bei den zukünftigen Aufgaben des CERN stehen drei Themen an vorderster Stelle. Zum einen die Suche nach dem so genannten Higgs-Boson - jenes Teilchen das nach Vorstellungen der theoretischen Physiker dafür verantwortlich ist, dass Materie überhaupt Masse besitzt.
->   Mehr zum Higgs-Teilchen in science.ORF.at
... Supersymmetrie und bizarre Materiezustände
Zweitens wollen die Forscher in Zukunft auch das Konzept der so genannten Supersymmetrie - eine Erweiterung des Standardmodells - überprüfen.

Drittens steht auch die Herstellung eines so genannten Quark-Gluon-Plasmas auf der wissenschaftlichen Wunschliste. Dieser besondere Materiezustand soll etwa im Inneren von Neutronensternen existieren.
->   Supersymmetrie bei Wikipedia
->   Quark-Gluon-Plasma bei Wikipedia
->   CERN-Website
->   Das Stichwort CERN im science.ORF.at-Archiv
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Aus Anlass des fünfzigjährigen Bestehens des Europäischen Laboratoriums für Teilchenphysik CERN (Genf) lädt das Institut für Hochenergiephysik (HEPHY) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) am 7. Oktober 2004 zu einer Festveranstaltung. Unter dem Titel "Vom Mikrokosmos zum Universum. 50 Jahre Europäisches Laboratorium für Teilchenphysik" gibt es Vorträge sowie eine Podiumsdiskussion mit namhaften Wissenschaftlern.

Zeit: Donnerstag, 7. Oktober 2004, 16:00 Uhr
Ort: ÖAW Festsaal, 1010 Wien, Dr. Ignaz Seipel-Platz 2
->   Das Programm der Festveranstaltung (pdf-Dokument)
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01.01.2010