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Österreichs Umgang mit dem Nationalsozialismus  
  Im vergangenen Jahr fand in Wien ein internationales Symposion zum Umgang Österreichs mit dem Nationalsozialismus statt. Im Blickpunkt der Wissenschaftler standen dabei vor allem die Folgen für die naturwissenschaftliche und humanistische Lehre - beleuchtet aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln. Aber auch Emigrantenschicksale oder die österreichische Historikerkommission waren Thema von Vorträgen. Nun ist der Sammelband zur Tagung erschienen.  
Symposion auf Anregung Eric Kandels
Bild: Springer Verlag
Der an der Columbia University in New York lehrende Neurobiologe Eric Kandel erhielt 2000 den Medizin-Nobelpreis.

Die Karriere des aus Wien stammenden Wissenschaftlers ist jedoch alles andere als selbstverständlich: Denn Kandel musste als Jude 1939 vor den Nationalsozialisten aus Österreich flüchten.

Anlässlich der Verleihung des Nobelpreises bat der Neurobiologe darum, auf Ehrungen und Feierlichkeiten in Österreich zu verzichten - und sich stattdessen mit den Folgen des NS-Regimes für den Forschungs- und Bildungsbereich zu beschäftigen.

Das Ergebnis: Ein internationales Symposion, dessen Inhalt nun in Form eines Sammelbandes vorliegt.
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"Österreichs Umgang mit dem Nationalsozialismus", herausgegeben von Friedrich Stadler in Zusammenarbeit mit Eric Kandel, Walter Kohn, Fritz Stern und Anton Zeilinger, SpringerVerlag Wien New York, 283 Seiten, 49 Euro, ISBN 3-211-21537-9
->   Das Buch beim Springer-Verlag
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Kandels Erinnerungen: Der Einfluss Wiens
Herausgegeben von Tagungs-Organisator Friedrich Stadler, Vorstand des Instituts für Zeitgeschichte der Uni Wien und Leiter des Instituts Wiener Kreis, sind in dem Band etwa Erinnerungen Kandels ("Der Einfluss Wiens auf mein Leben in den Vereinigten Staaten") zu finden.
NS-Vergangenheit, Emigrantenschicksale ...
Behandelt werden zudem Themen wie Österreichs Umgang mit der NS-Vergangenheit (Stichwort: Historikerkommission), das Schicksal österreichischer Emigranten und "Vergangenheitsbewältigung" im Vergleich.
Wege zur Historikerkommission
Der Beitrag von Clemens Jabloner, Präsident des Verwaltungsgerichtshofes, beispielsweise beleuchtet die Entstehung der Österreichischen Historikerkommission, deren Vorsitzender der Jurist war.
->   Das Stichwort Historikerkommission in science.ORF.at
Eine Bilanz für die Universität Wien
Eine Bilanz über "Arisierung", Berufsverbote und "Säuberungen" an der Universität Wien ziehen die Historiker Werner Lausecker und Herbert Posch.

Demnach ging nach der nationalsozialistischen Machtergreifung die Zahl der an der Uni Wien inskribierten Studenten von 9.180 im Wintersemester 1937/38 auf 5.351 im Wintersemester 1938/39 zurück.

Nachweislich wurden 1.463 als Juden vertrieben - 16 Prozent der Studierenden des Wintersemesters 1937/38. Die tatsächliche Zahl der Opfer "rassischer" Verfolgung dürfte aber "mit Sicherheit" noch weit höher sein.
NS-Flüchtlingskinder: Karriere in den USA
Der in Wien geborene Wissenschaftshistoriker und Physiker Gerald Holton von der Harvard University hat gemeinsam mit dem Wissenschaftssoziologen Gerhard Sonnert untersucht, was mit den vielen Kindern jüdischer, von den Nationalsozialisten aus Österreich vertriebener Flüchtlinge, die zum Teil mit ihren Eltern, zum Teil alleine in die USA emigrieren mussten, passiert ist.

Das Ergebnis: Viele von ihnen machten eine beeindruckende Karriere, allerdings zu einem hohen Preis. Sie hatten ihre Kindheit verloren, nicht nur auf Grund der traumatischen Erlebnisse, sondern auch wegen der Situation in den USA:

Wenn auch die Eltern das Glück hatten, der Verfolgung durch das NS-Regime zu entkommen, waren sie vielfach doch gebrochene Menschen, die oft keine Chance hatten, ihren erlernten Beruf auszuüben bzw. arbeitslos waren.
->   Institut Wiener Kreis
->   Institut für Zeitgeschichte der Uni Wien
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   "Schwierige Erinnerungen": Eric Kandel in Wien
->   Mehr über den Nationalsozialismus im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010