News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 
Mammutsterben: Gemeinschaftswerk von Mensch und Klima  
  Das Ende der Mammuts war - zumindest in Europa - ein Gemeinschaftswerk von Steinzeitjägern und plötzlichem Klimawandel. Die Jäger dezimierten die Mammuts und andere Riesen-Säugetiere vor 30.000 Jahren so stark, dass die Bestände anfällig für Klimaveränderungen wurden. Das schließen US-Forscher aus einer neuen Analyse zahlreicher Studien zum Sterben der so genannten Megafauna.  
In Nordamerika und vor allem Australien trugen die Menschen demnach sehr viel stärker zum Verschwinden der Mammuts, Wollnashörner und anderer Riesensäuger bei, wie das Forscherteam um Anthony Barnosky von der Universität von Kalifornien in Berkeley im Fachjournal "Science" schreibt.
...
Der Review-Artikel von Anthony Barnosky und Kollegen ist unter dem Titel "Assessing the Causes of Late Pleistocene Extinctions on the Continents" in "Science", Bd. 306, Seiten 70-75, Ausgabe vom 1. Oktober 2004 erschienen.
->   Der Originalartikel in "Science" (kostenpflichtig)
...
Streit um den "Verursacher"
Seit Jahren streiten Wissenschaftler darüber, ob Klimaschock oder Jagddruck der imposanten Tierwelt des Pleistozäns den Garaus machten. Gemäß der üblichen Definition gehörten zur so genannten Megafauna alle Tiere mit einem Gewicht von mehr als 44 Kilogramm.

Noch vor 50.000 Jahren waren die Kontinente mit Vertretern dieser Megafauna reich bevölkert, wie die Forscher in "Science" berichten. Vor etwa 10.000 Jahren waren mindestens 97 Prozent all dieser Arten vom Erdboden verschwunden.

Erklärungsmodelle schließen natürlich längst den Einfluss des Menschen, klimatische Bedingungen oder auch eine Kombination aus beidem ein. Doch die US-Wissenschaftler haben sich nun die verschiedenen Kontinente im Detail angesehen.
Je nach Kontinent unterschiedlich
Das Team um Barnosky kommt zu dem Schluss, dass der Mensch auf den verschiedenen Kontinenten in ganz unterschiedlichem Maße zum Aussterben beigetragen hat, zum Teil mit 50.000 Jahren Zeitunterschied.

Demnach hat das Aussterben der Megafauna in Australien begonnen. Bereits vor 80.000 Jahren waren dort zwölf Arten verschwunden. Es gebe neuere Hinweise darauf, dass der Mensch auch hier beteiligt gewesen sei, berichtet das Forscherteam. Die Korrelation mit dem Faktor Klima sei allerdings recht schwach.
Aussterben in zwei Wellen
Zeitlich gesehen seien Riesensäuger in Europa und Asien wiederum in zwei Wellen ausgestorben. Vor 45.000 bis 20.000 Jahren verschwanden an Wärme angepasste Tiere. Vor 12.000 bis 9.000 Jahren starben die an Kälte angepassten Tiere aus.

Zwar änderte sich das Klima in diesen Phasen jeweils plötzlich massiv. Doch seien diese steinzeitlichen Klimaschocks nicht stärker gewesen als vergleichbare Ereignisse in den 700.000 Jahren davor, betonen die Paläontologen.
Homo sapiens gab den Ausschlag
Bereits die vorsteinzeitlichen Menschen hatten demnach 400.000 Jahre lang Jagd auf Riesensäuger gemacht, ohne diese auszurotten. Nach Ansicht der Autoren hat erst der Homo sapiens vor 30.000 Jahren die Tierbestände so stark dezimiert, dass diese für Klimaveränderungen anfällig wurden.
Beispiel Noramerika: Enorm schnelle Ausrottung
In Nordamerika hingegen seien die ersten Menschen zeitgleich mit starken Klimaveränderungen vor rund 11.000 Jahren aufgetreten. Die Ausrottung von Mammut und Wollnashorn ging nach Angaben der Forschergruppe hier außerordentlich schnell - 15 Riesensäugerarten seien innerhalb von nur 1.500 Jahren ausgestorben.
Von Bedeutung für die Gegenwart
Zumindest für die nördliche Hemisphäre gilt demnach also: Die Megafauna verschwand durch das Zusammenspiel von Klima und Mensch. Das hat durchaus auch Bedeutung für die Gegenwart, wie die Forscher meinen:

"Menschen und Klimawandel waren der Doppelschlag, der vor 50.000 bis 10.000 Jahren das Aussterben vorantrieb", wird Studienleiter Barnosky in einer Aussendung der Universität zitiert. "Und das gleiche passiert in gewisser Weise heute."

Der Klimawandel geschehe heute immerhin rasanter als im späten Pleistozäns. Und die Auswirkung könnte noch massiver sein, da viele Tierpopulationen bereits jetzt "verarmt" seien und viele große Tiere vom Menschen aus ihren angestammten Lebensräumen verdrängt würden.
->   Department of Integrative Biology der UC Berkeley
->   Museum of Paleontology der UC Berkeley
->   Museum of Vertebrate Zoology der UC Berkeley
->   Das Stichwort Massensterben im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010