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Menschliche Eigenschaften: Ins Gesicht geschrieben?  
  Trotz aller Bekenntnisse zu inneren Werten beurteilen Menschen einander vorrangig nach dem Äußeren. Kriminelle Veranlagung wie berufliche Kompetenz werden laut britischen Forschern im Gesicht erkannt. Sie untersuchen, was das Antlitz tatsächlich über seinen Träger und seine Trägerin verrät.  
David Perrett und Fhionna Moore von der University of St. Andrews und ihre Kollegen setzten mittels Computergrafik Gesichter von Menschen mit einer bestimmten Persönlichkeitseigenschaft zusammen. Sie extrahierten die gemeinsamen Merkmale, verstärkten oder schwächten sie ab, und ließen Probanden die veränderten Bilder nach ihrer Attraktivität beurteilen.

Wie die beiden Forscher im britischen Wissenschaftsmagazin "New Scientist" berichten, zeigten die Versuchspersonen in ihren Präferenzen auffallende Übereinstimmungen.
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Der Artikel "Face values" von David Perrett und Fhionna Moore ist im Wissenschaftsmagazins "New Scientist" (Ausgabe vom 2. Oktober 2004) erschienen. Das Heft widmet sich in sechs Beiträgen dem Thema Gesicht.
->   New Scientist
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"Männlich" ist nicht unbedingt anziehend
Dabei gehen klassische Kriterien für Attraktivität - wie beispielsweise ein kräftiges Kinn beim Mann - nicht unbedingt mit Eigenschaften Hand in Hand, die allgemein als charakterliche Qualitäten gesehen werden.

Positiv signalisiere Männlichkeit Dominanz, so die Forscher im "New Scientist". Doch seien ihren Studien zufolge Männer mit sehr maskulinen Gesichtszügen auch als kalt, unehrlich oder für längere Beziehungen unfähig bewertet worden.
Attraktive Männer meiden Beziehungen
Eine Wahrnehmung, die laut einer Studie von Allan Mazur und Alan Booth aus dem Jahr 1998 (Behavioural Sciences, Vol. 21, S. 353) in der Realität - zumindest was die Beziehungsfähigkeit angeht - ihre Bestätigung zu finden scheint.

Nach einer Analyse früherer Untersuchungen zum Thema, kamen die Forscher zu dem Ergebnis, dass Männer mit einem hohen Testosteronspiegel seltener heiraten und sich öfter scheiden lassen. Das männliche Sexualhormon Testosteron ist für die Ausprägung der maskulinen Merkmale im Gesicht verantwortlich.
Gesundheit macht schön
Auch Gesundheit spiegelt sich im Gesicht wider und erhöht die Attraktivität: Rosa Wangen reflektieren Craig Roberts von der University of Newcastle und Ben Jones von der University of Aberdeen zufolge ein gesundes Immunsystem mit entsprechender Lebensweise.

Die Symmetrie eines Gesichtes beweist laut Perrett und Moore die Fähigkeit, widrige Lebensumstände wie Infektionen oder Stress unbeschadet zu überstehen.
Ein Schönheitsideal ist stärker
Nur ein Schönheitsideal ist stärker als die Gesundheit. So wird bei Frauen ein schmaler Unterkiefer als attraktiv angesehen. Ungeachtet der Tatsache, dass darin die Zähne zu wenig Platz haben, kritisiert Alf Linney vom University College London im "New Scientist".
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Die Gefahren der Schönheit
In seinem Beitrag "Perils of Perfection" ("New Scientist" vom 2. Oktober 2004) erläutert Alf Linney vom University College London, warum sich zumindest Frauen nicht wünschen sollten, wie ein Model auszusehen.
->   Perils of Perfection ("New Scientist")
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Persönlichkeit ist schwer zu fassen
Seit der Antike sucht die so genannte Physiognomik nach Kriterien, wie man charakterliche Eigenschaften eines Menschen aus seinem Äußeren bestimmen kann. Doch nach wie vor verschließen sich die Tiefen der Persönlichkeit den Augen des Betrachters.
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Physiognomik: Charaktersuche im Gesicht
Die Lehre vom Äußeren auf das Innere des Menschen zu schließen heißt Physiognomik. Betrieben wird sie seit der Antike. Im 18. Jahrhundert wurde sie in Europa durch Johann Caspar Lavater populär, der für seine physiognomischen Studien über 22.000 Blätter gesammelt hatte. Sie befinden sich in der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB).
->   ÖNB
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Alte und neue Vorurteile
Alte Vorurteile werden ausgeräumt, neue geboren. So kam Francis Galton bereits Ende des 19. Jahrhunderts zu dem Ergebnis, dass das Böse dem Menschen nicht ins Gesicht geschrieben steht. Er bastelte aus Bildern von verurteilten Verbrechern ein Durchschnittsgesicht. Das Ergebnis erwies sich als überraschend hübsch.

Heute erlebt die Physiognomik in der Arbeitswelt ein Revival. Linney zufolge entscheidet das Gesicht maßgeblich darüber, ob ein Jobbewerber angestellt wird. In den USA helfen eigene Berater den Unternehmen, künftigen Mitarbeiter nach physiognomischen Kriterien auszuwählen. Die moderne Begründung: Die genetische Veranlagung zeigt sich im Gesicht.

Martina Gröschl
->   Perception Laboratory, University of St. Andrews
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Fruchtbare Phase macht Frauen schöner (31.3.04)
->   Schönheit definiert sich kulturell (17.11.03)
->   Studie: Auch Gesichter sprechen Dialekt (30.7.03)
 
 
 
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01.01.2010