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Physik-Nobelpreis 2004 an drei US-Quark-Forscher  
  Der diesjährige Nobelpreis für Physik geht an die amerikanischen Quark-Forscher David J. Gross, H. David Politzer und Frank Wilczek für ihre Entdeckung der "asymptotischen Freiheit in der Theorie der starken Wechselwirkung".  
Theorie der Quantenchromodynamik
Bild: Kavli Institute for Theoretical Physics
David J. Gross
Dies hat die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften am Dienstag in Stockholm bekannt gegeben. Die Auszeichnung ist wie im Vorjahr mit zehn Millionen schwedische Kronen (1,1 Mio. Euro) dotiert.

Gross (63, University of California), Politzer (55, California Institute of Technology) und Wilczek (53, Massachusetts Institute of Technology) präsentierten bereits 1973 ihre Ergebnisse, die zu einer komplett neuen Theorie führten, der so genannten Quantenchromodynamik (QCD). Politzer und Wilczek waren damals noch Doktoranden.

Durch die Quantenchromodynamik sei die Physik dem Traum näher gekommen, eine alles umfassende Weltformel zu entwickeln, begründete die Akademie ihre Wahl.
Die Starke Wechselwirkung der Quarks
Bild: Massachusetts Institute of Technology
Frank Wilczek
Zwischen den Materieteilchen, die unsere Welt aufbauen, wirken vier fundamentale Kräfte: Elektromagnetismus, Starke und Schwache Kraft sowie Gravitation. Die Arbeiten der drei Physik-Nobelpreisträger haben wesentlich zum Verständnis der Starken Wechselwirkung bzw. Starken Kraft beigetragen, welche die kleinsten Bausteine der Materie, die Quarks, zusammenhält.

Aus diesen Quarks werden die Protonen und Neutronen, die Bausteine des Atomkerns, aufgebaut.
->   Die Starke Wechselwirkung (wikipedia)
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Quarks: Seit vierzig Jahren im "Teilchenzoo"
Quarks wurden 1964 von den amerikanischen Physikern Murray Gell-Mann und George Zweig offiziell in den "Teilchenzoo" der Physik eingeführt. Laut ihrem Theorie-Modell sind Neutronen und Protonen aus noch kleineren Bestandteilen zusammen gesetzt - den so genannten "Quarks", deren Name dem Roman "Finnegans Wake" von James Joyce entlehnt ist. Das Quarkmodell fordert heute sechs Quarks und sechs Antiquarks. Protonen und Neutronen setzen sich aus jeweils drei Quarks - zwei Quarks und einem Antiquark - zusammen.

Zunächst unterschied man nur drei Quarks: up-, down- und strange-quarks. Erweitert wurde das Modell später durch charm- und bottom-quarks. Das sechste, aus Symmetriegründen geforderte top-quark wurde 1994 mit dem Tevatron-Beschleuniger am Fermilab bei Chicago nachgewiesen. Freie Quarks sind bis heute nicht beobachtet worden.
->   Mehr zu Quarks (Univ. Stanford)
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Gummiband-Physik: Ein paradoxes Phänomen
Bild: nobelprize.org
H. David Politzer
Gross, Politzer und Wilczek haben sich mit einem paradoxen Phänomen der Starken Wechselwirkung beschäftigt: Sie ist bei Quarks umso schwächer, je näher sie sich aneinander befinden. Sind die Quarks nahe genug aneinander, verhalten sie sich beinahe wie freie Teilchen - dieses Phänomen wird als "asymptotische Freiheit" bezeichnet.

Umgekehrt wird die Starke Wechselwirkung umso stärker, je größer die Distanz zwischen den Quarks ist. Ähnlich verhält sich ein Gummiband: Je stärker dieses gedehnt wird, desto stärker ist die Kraft.
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Die grundlegenden Arbeiten, auf die das Nobelpreiskomitee verweist, sind am 25. Juni 1973 in den "Physical Review Letters" erschienen. Hier die Abstracts zu Ultraviolet Behavior of Non-Abelian Gauge Theories (Gross, Wilczek) und Reliable Perturbative Results for Strong Interactions? (Politzer).
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"Elegante mathematische Theorie"
In den sechziger Jahren, als das Quark-Bild aufkam, waren die Physiker noch verwirrt darüber, dass es zwar nicht möglich ist, ein Quark zu sehen, es aber experimentelle Hinweise auf einzelne Quarks gab.

Vor allem als man in Beschleunigern Elektronen auf Atomkerne schoss, zeigte sich, dass bei hohen Energien - obwohl die Quarks durch die Starke Wechselwirkung so stark aneinandergebunden werden - die Kräfte zwischen den Kernbausteinen deutlich schwächer werden, erklärte Gerhard Ecker vom Institut für Theoretische Physik der Uni Wien gegenüber der APA.

Die Nobelpreisträger haben dies 1973 in einer "eleganten mathematischen Theorie" beschrieben, so das Nobelpreiskomitee.
Wilczek unterrichtete auch in Wien
Weiters betonte das Komitee, dass durch die nun ausgezeichneten Arbeiten "unser Verständnis der Welt um uns herum wesentlich vertieft worden ist". Die drei Wissenschaftler hätten bei ihren Berechnungen "in sehr unorthodoxer Weise unnötigen Ballast abgeworfen, der andere bei ihren Lösungsversuchen scheitern ließ".

Wilczek, der bei Gross dissertiert hat, war übrigens 2002 Schrödinger-Professor in Wien und hat auf Einladung des Instituts für Theoretische Physik der Uni Wien und des Erwin Schrödinger Instituts vier Wochen lang Vorlesungen gehalten.
->   Nobelprize.org
->   David J. Gross (Kavli Institute for Theoretical Physics)
->   Frank Wilczek (Massachusetts Institute of Technology)
->   H. David Politzer (Caltech Particle Theory Group)
->   Medizin-Nobelpreis für Studien zum Geruchssystem (4.10.04)
Die Physik-Nobelpreise der vergangenen Jahre in science.ORF.at:
->   2003: Studien zu Supraleitung und Suprafluidität (7.10.03)
->   2002: Astrophysikalische Forschungen (8.10.02)
->   2001: Studien zu Bose-Einstein-Kondensat (9.10.01)
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Das Ö1-Radiokolleg widmet sich noch bis Donnerstag, dem 7. Oktober 2004 (9:05 Uhr) dem "Tumult im Teilchenzoo" der Physik.
->   Mehr dazu in oe1.ORF.at
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01.01.2010