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Warum wir bei Handy-Telefonaten mithören müssen  
  Handy-Telefonate der Nachbarn verleiten zum Mithören und erweisen sich als nervig nicht nur deswegen, weil sie oft laut geführt werden. Laut britischen Psychologen ist es vor allem die Einseitigkeit des Gesprächs, die den "Reiz" ausmacht.  
Ambivalent: Lauschen müssen und wollen
"Ja, ich bin nur noch eine U-Bahn-Station entfernt" oder "Nein, gib die Spaghetti noch nicht in den Topf, ich brauch noch eine Viertelstunde!": Der Genuss von Gesprächsfetzen wie diesen ist das tägliche Los von allen, die auf Handy-telefonierende Zeitgenossen treffen.

Speziell in geschlossenen Räumen - etwa im Zug oder einem Restaurant, mitunter gar auf der Toilette - ist man dem Mitteilungsbedürfnis der Umgebung ausgesetzt.

Wohl jeder kennt die Ambivalenz der Situation: Einerseits will man gar nicht so viel von seinem unbekannten Nachbarn wissen, andererseits kann man sich dem ganzen nicht wirklich entziehen und beginnt heftig zu lauschen.
Wunsch den zweiten Teil des Textes zu erraten
Den psychologischen Ursachen dafür ist nun ein Team um Andrew Monk von der University of York nachgegangen. Wie der Online-News-Dienst von "Nature" berichtet, liegt es nicht nur an der Lautstärke der Telefonierer, die örtliche Entfernung durch das Anheben ihrer Stimme ersetzen wollen.

Ursache sei vielmehr die Einseitigkeit der Sprechsituation - und der Wunsch des zufällig Mithörenden auch den zweiten Teil des Textes zu erraten oder zu verstehen.
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Die entsprechende Studie "Hearing only one side of normal and mobile phone conversations" ist in "Behaviour & Information Technology" (September/Oktober 2004; DOI: 10.1080/01449290410001712744) erschienen.
->   Original-Abstract in "Behaviour & Information Technology"
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Studie: Ein- und zweiseitige Gespräche im Zug
Wenn das stimmt, so meinten die Forscher, müsste eine Sprechsituation zwischen zwei anwesenden Menschen, von denen nur einer gehört werden kann, genauso enervierend sein wie bei einem Handy-Telefonierer. Genau das haben die Psychologen untersucht.

Studienteilnehmer führten in einem fahrenden Zug drei vorgeschriebene, in normaler Lautstärke gehaltene Gespräche: das erste per Mobiltelefon, das zweite von Angesicht zu Angesicht mit einem weiteren Probanden, wobei beide zu hören waren, das dritte ebenfalls face-to-face, wobei aber nur einer der beiden zu hören war.

Danach wurden zufällig anwesende Passagiere gefragt, inwiefern sie sich gestört bzw. angezogen gefühlt hätten.
"Angeborenes Bedürfnis, Konversation zu vervollständigen"
Das im Journal "Behaviour and Information Technology" veröffentlichte Ergebnis: das zweiseitige Gespräch erregte weit weniger Aufmerksamkeit der Passagiere als beide einseitig geführten. Offensichtlich gibt es eine Art "angeborenes Bedürfnis" zu lauschen, wenn wir nur einen Teil einer Konversation hören, meinen die Forscher.

Selbst wenn ein solches Gespräch nicht lauter als zweiseitige geführt wird, würden wir instinktiv zuhören, "beinahe als ob wir teilnehmen wollen, um die Konversation zu vervollständigen".
->   Universität York
->   news@nature.com
 
 
 
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01.01.2010