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Krankheiten belasten Ehe  
  Männer können mit einer schweren Erkrankung ihrer Partnerin offenbar weniger gut umgehen, als im umgekehrten Fall. Denn die Scheidungsrate ist weitaus höher, wenn in einer Ehe die Frau erkrankt ist, sagt eine neue Studie.  
Forscher der Brown University und der University of Massachusetts hatten in einer Studie die Scheidungsrate von Ehen mit einem schwer erkrankten Partner untersucht, wie ABC meldete. Die Ergebnisse sprechen nicht für das so genannte starke Geschlecht.
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Die Studie wurde am Wochenende auf einer Konferenz der American Society of Clinical Oncology in San Francisco präsentiert.
->   American Society of Clinical Oncology
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Überwiegend erkrankte Frauen geschieden
Untersucht wurden unter anderem 214 Paare, bei denen ein Partner an einem Gehirntumor erkrankt war. 23 dieser Ehen wurden geschieden, bei 18 davon war die Frau die Patientin, so Michael Glanz, der Leiter der Studie.

Interessantes Detail: Bei dieser Untersuchung waren unter den 214 Paaren offenbar von vornherein mehr männliche Erkrankte, so der Onkologe. Was das Ergebnis noch drastischer erscheinen lässt.
"Alarmierendes Ergebnis"
Glanz sieht die Ergebnisse als alarmierend. Die hohe Scheidungsrate bei weiblichen Patienten würde nahe legen, dass Männer ihre kranken Partnerinnen nicht so unterstützen würden, wie man sich dies vielleicht erhoffe, sagte der Wissenschaftler.
Ähnliche Ergebnisse bei anderen Erkrankungen
Andere Ergebnisse der Studie zeigen ähnliche Zahlen bei Erkrankungen wie Multiple Sklerose oder verschiedenen Formen von Krebs.

In einer Gruppe von 108 verheirateten Multiple Sklerose-Patienten waren bei 22 von 23 Scheidungen die Erkrankten weiblichen Geschlechts. Bei 193 Paaren, die mit Krebserkrankungen zu kämpfen hatten, wurden 14 Ehen geschieden. Bei 13 war die Frau die Krebspatientin.
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Statistische Werte
Statistische Berechnungen, die auch die unterschiedliche Zahl von weiblichen und männlichen Patienten in den einzelnen Gruppen berücksichtigen, sprechen eine klare Sprache: Männer verlassen ihre erkrankten Frauen mit einer acht mal höheren Wahrscheinlichkeit, wenn diese an einem Gehirntumor leiden; die Wahrscheinlichkeit ist sechs mal höher, wenn andere Formen von Krebs im Spiel sind, und sieben mal höher, wenn die Partnerin an Multipler Sklerose leidet.
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Glantz will nun in weiteren Studien klären, ob bestimmte Faktoren wie z.B. Persönlichkeitsmerkmale bei der Entscheidung, einen kranken Partner zu verlassen, eine Rolle spielen. Es gebe ja durchaus viele Männer, die sich aufmerksam um ihre erkrankte Partnerin kümmern würden, sagt er.
Mediziner untermauern Studienergebnisse
Ärzte, die nicht an der Studie mitarbeiteten, untermauern dennoch deren Ergebnisse mit ähnlichen Berichten: Es scheint eine verbreitete Erfahrung zu sein, dass gerade bei weiblichen Krebspatienten die Scheidungsrate relativ hoch ist.

Die Psychologin Anne Coscarelli gehört zu diesen Medizinern. Sie glaubt, dass die traditionellen Geschlechterrollen in der Gesellschaft teilweise die Ergebnisse der Studie erklären könnten.
Soziologisches Erklärungsmuster
Sie argumentiert gesellschafts-geschichtlich und sieht Frauen als das Geschlecht, dessen Geschichte sie als "Umsorger" der Familie zeigt.

Männer dagegen hatten ihrer Darstellung zufolge eher die Aufgabe eines finanziellen Versorgers. Das so entstandene Erfahrungsdefizit soll nach Coscarelli mitverantwortlich sein für die hohe Scheidungsrate bei weiblichen Erkrankten.

Ihrer Erfahrung nach ist es zudem weitaus schwieriger, männliche Partner zur Teilnahme an Selbsthilfegruppen und Beratungsgesprächen zu bewegen.

(red)
 
 
 
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01.01.2010