News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Leben .  Wissen und Bildung 
 
Unbekannte Zwergmenschenart in Indonesien entdeckt  
  In einer Höhle auf der indonesischen Insel Flores haben Forscher Überreste einer bislang unbekannten Zwergmenschenart mit einem nur grapefruitgroßen Kopf ausgegraben. Der auf den Namen Homo floresiensis getaufte Vertreter der neuen Art war mit nur einem Meter Körperhöhe erstaunlich klein, berichten die Wissenschaftler in einer aktuellen Studie.  
Die Entdeckung einer neuen Menschenart, die noch bis vor etwa 18.000 Jahren existierte, lasse vermuten, dass die Gattung Homo nach der Auswanderung aus Afrika eine größere Vielfalt aufwies als bislang angenommen.
...
Die Studie "A new small-bodied hominin from the Late Pleistocene of Flores, Indonesia" von P. Brown et al. erschien im Fachmagazin "Nature" (Band 431, S.1055-61, Ausgabe vom 28.10.04).
->   Frei zugängliches Special in "Nature"
...
Schädelmerkmale der Gattung Homo
 
Bild: Peter Brown

Bild: Der Schädel von Homo floresiensis im Vergleich mit jenem des modernen Menschen.

Die Forscher um Peter Brown und Mike Moorwood von der Universität von New England in Armidale (Australien) stießen bereits im September 2003 während Grabungsarbeiten in der Liang-Bua-Höhle auf das Skelett der erwachsenen Frau.

Die schmale Statur und der kleine Schädel erinnern an eine afrikanische Gattung der Menschenartigen (Hominiden), die frühen Australopithecinen. Schädel- und Kieferknochen stellten allerdings eine ungewöhnliche Mischung aus primitiven, moderneren und einzigartigen Merkmalen dar.

Insbesondere Eigenschaften des Gesichts und der Zähne kennzeichneten das Skelett als zur Gattung Homo gehörend.
->   Weitere Infos zu den Hominiden (Univ. Michigan)
Isolierter Abkömmling des Homo erectus
Die Wissenschaftler vermuten, dass es sich beim Homo floresiensis um einen Abkömmling des Homo erectus handelt, aus dem sich wahrscheinlich auch der moderne Homo sapiens entwickelt hat.

Der Homo erectus verbreitete sich, beginnend vor etwa zwei Millionen Jahren, aus Afrika bis nach Asien und Europa.

Der Theorie der Forscher zufolge entwickelten sich auf der Insel Flores einige Vertreter des Homo erectus - isoliert von ihren Artgenossen - zu der nun entdeckten eigenständigen Art weiter.
Kleinheit als Adaptation an reduziertes Nahrungsangebot
Illustration: National Geographic/Peter Schouten
Illustration des
"National Geographic"
Die ungewöhnlich kleine Körperhöhe, die den Homo floresiensis deutlich vom Homo erectus unterscheidet, erklären die Wissenschaftler mit einer nachträglichen Schrumpfung als Anpassung an die neue Umgebung.

Ein eingeschränktes Nahrungsangebot könne etwa dazu führen, dass kleinere Vertreter mit niedrigerem Kalorienbedarf von der Evolution bevorzugt werden.

Solche Vorgänge seien aus dem Tierreich bekannt. Tatsächlich fanden die Forscher an der gleichen Fundstelle Überreste primitiver Elefanten - ebenfalls geschrumpft. Diese Stegodon waren die einzigen großen Landsäugetiere, die während des Pleistozäns mit Homo floresiensis auf der Insel lebten.
Steinwerkzeuge gefunden
 
Bild: Peter Brown

Bild: Homo sapiens (Peter Brown) fotografiert Homo floresiensis.

Auch der Homo sapiens hatte in dieser Zeit bereits den asiatischen Raum erobert. Die beiden Menschenarten lebten also eine ganze Zeit nebeneinander.

Ob sie miteinander interagierten, ist allerdings unklar. Neben den Überresten der Elefanten fanden die Wissenschaftler auch Steinwerkzeuge. Sie lassen darauf schließen, dass die frühen Menschen Tiere gejagt haben.
Menschenartige: Größere Vielfalt als gedacht
 
Bild: Nature

Der Fund bestätige die Annahme, dass die Gattung Homo in viel mehr Vertreter aufgespalten gewesen sei und deren Stammbaum (Bild) eher einem Busch gleiche, schreiben Marta Mirazón und Robert Foley von der Universität Cambridge (Großbritannien) in einem begleitenden Kommentar.

Auch die Forscher um Brown und Moorwood rechnen damit, dass noch weitere Menscharten entdeckt werden.

[science.ORF.at/dpa, 27.10.04]
->   National Geographic: "Hobbit" Discovered
->   Peter Brown's Palaeoanthropology Pages
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Langes Hirnwachstum: "Erfindung" des modernen Menschen (15.9.04)
->   Geruchsverlust des Menschen für besseres Augenlicht (21.1.04)
->   Ältester Primaten-Vorfahr in Asien entdeckt (30.12.03)
->   Knochen des vermutlich ältesten Europäers gefunden (23.9.03)
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Leben .  Wissen und Bildung 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010