News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Österreich bei Boden-Erosion im EU-Spitzenfeld  
  Was den Bodenabtrag angeht, nimmt Österreich innerhalb der EU einen unrühmlichen Platz im Spitzenfeld ein. Durchschnittlich gehen in der Alpenrepublik jährlich sieben Tonnen pro Hektar verloren.  
Dies erklärte Winfried Blum vom Department für Wald- und Bodenwissenschaften der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien bei einer Pressekonferenz am Freitag in Wien. Derzeit tagt an der Boku eine EU-Konferenz zum Thema Boden. Ziel ist die Erarbeitung einer "Europäischen Bodenstrategie".
Gebirgige Regionen besonders erosionsgefährdet
Als Ursache, dass Österreich so viel Boden verliert - mehr Abtrag verzeichnen nur Italien (neun Tonnen pro Hektar und Jahr) sowie Griechenland (sieben Hektar) - nannte Blum vor allem die Geologie.

So sind gebirgige Gegenden wesentlich erosionsgefährdeter als Flachländer. So beträcht der Wert etwa in den Niederlanden weniger als eine Tonne pro Hektar und Jahr. Auch die in Österreich häufigen Löß-Flächen (eine Bodenart, Anm.) neigen zu verstärktem Abtrag.
...
Großteil geht über Flüsse verloren
Ein guter Teil des Bodens geht dabei über die Flüsse verloren. Nach einer Schätzung passieren jährlich 2.100.000 Tonnen Material die Donau. Deutlich sichtbar wird das Problem deshalb auch in den Stauräumen, hier werden jährlich 750.000 Tonnen abgelagert.
...
Genetisches Reservoir
Dabei ist die Erosion bei weitem kein alleiniges Problem von Wasserkraftwerken und Landwirtschaft. Gesunde, funktionierende Böden schützen auch das Grundwasser und nehmen Hochwässern die extremen Spitze.

Nicht zuletzt stellen die Böden ein wichtiges Reservoir an genetischem Material dar. "Die Zahl der Bakterienarten, die in diesem Lebensraum vorkommen, ist noch gar nicht bekannt", so Blum.

Laut Berechnungen leben in einem Hektar einer etwa 30 Zentimeter starken Schicht einer "gutwüchsigen Wiese" mit rund 600 Millimeter Niederschlag pro Jahr zehn Tonnen Bakterien und zehn Tonnen Pilze. Vier Tonnen machen die Regenwürmer aus, eine Tonne der Rest an Organismen.
...
Senke für CO2
Nicht zuletzt kann der Boden auch eine so genannte Senke für das Treibhausgas Kohlendioxid darstellen. Das heißt, es wird der Atmosphäre Kohlendioxid entzogen und - etwa im Humus - gebunden.
...
Problem der Versiegelung
Böden sind aber nicht nur durch Erosion gefährdet. Ein weites Problem stellt laut Blum die Versiegelung dar. Immer noch werden täglich rund 20 Hektar zubetoniert, das entspricht etwa 25 großen Fußballplätzen.

Dabei müsse klar sein, dass Boden eine begrenzte Ressource darstellt, "er kann nicht vermehrt werden", so der Experte.
Bodenschutz als langfristige Strategie
Dass das Thema Bodenschutz in den vergangenen Jahrzehnten in der Öffentlichkeit weitgehend untergegangen ist, liegt laut Blum etwa daran, dass Erosion in der Landwirtschaft kurz- und mittelfristig relativ einfach kompensiert werden kann.

Wird ein Boden ärmer, so braucht der Landwirt nur mehr Kunstdünger zu streuen, und alles ist - vorläufig - in Ordnung.

Erst mit der Erkenntnis, dass dies zu einer ganzen Reihe von Folgenschäden führt und einer verstärkten Hinwendung zu nachhaltigem Wirtschaften ist das Problem nun in den Vordergrund gerückt. Etwa in der EU wird derzeit eine Agenda zum Bodenschutz vorbereitet.

[science.ORF.at/APA, 29.10.04]
->   Dep. f. Wald- und Bodenwissenschaften (Boku Wien)
->   Mehr zur Bodenbiologie im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010