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Lebendes Fossil schlägt in Wien Wurzeln  
  Eine der seltensten und ältesten lebenden Baumarten der Erde soll in Wien Wurzeln schlagen: Wollemia nobilis, eine Nadelbaum-Art aus Australien, deren Stammbaum 200 Millionen Jahre zurückreicht.  
Die Pflanze galt bis vor wenigen Jahren als ausgestorben - Wien hat nun das erste Exemplar zu bieten, das in Europa öffentlich zu sehen ist.
Geschenk der Australischen Botschaft
Ein Steckling der Wollemia nobilis wurde heute Mittag von der australischen Botschafterin an den Botanischen Garten der Universität Wien überreicht - ein Geschenk Australiens an den Wiener Botanischen Garten anlässlich dessen 250jährigen Bestehens.

Bereits vor zwei Wochen wurde der Baum von Australien nach Wien geflogen, am Dienstag fand die offizielle "Geschenkübergabe" statt.
->   Botanischer Garten Wien
"Lebendes Fossil" mit grünem Trieb
 
Bild: www.wollemipine.com

Deborah Stokes, australische Botschafterin in Österreich, spricht von einem "lebenden Fossil". Das Exemplar des Wiener Botanischen Gartens sei das erste, das in Europa öffentlich zur Schau gestellt wird. Und nicht zu übersehen: Die Wollemia nobilis des Instituts für Botanik der Universität Wien trägt bereits einen grünen Trieb.
->   Institut für Botanik der Universität Wien
Galt als ausgestorben
Man glaubte, die Baumart sei vor 65 Millionen Jahren ausgestorben, doch knapp hundert Exemplare haben in Australien überlebt. Vor zehn Jahren wurden sie 200 Kilometer nordwestlich von Sydney entdeckt. Der genaue Standort in Australien wird geheim gehalten, um das Überleben der wenigen Exemplare zu sichern.
Bis zu 1000 Jahr alt
Wollemia nobilis wird in der Natur bis zu 40 Meter hoch und 1.000 Jahre alt, das Wiener Exemplar ist noch jung und gerade eineinhalb Meter hoch.

Die Nadeln sind dunkelgrün, flach, mit runden Spitzen, mehrere Zentimeter lang und so breit, dass im Englischen von Blättern und nicht von Nadeln gesprochen wird, sagt Michael Kiehn, wissenschaftlicher Leiter des Botanischen Gartens Wien.

Erwachsene Exemplare tragen Zapfen: Die männlichen Bäume haben längliche und nach unten hängende Zapfen, die weiblichen Bäume kugelige und aufrecht stehende Zapfen, beschreibt Michael Kiehn für Radio "Österreich 1".
Schlucht "sicherte" Überleben
Bild: www.wollemipine.com
Michael Kiehn zu den Lebensbedingungen der Pflanze in der Urheimat Australien: "Die Pflanze wächst in tief eingeschnittenen Schluchten. Diese Schluchten sind durch normales Klettern oder Wandern nicht erreichbar - wahrscheinlich einer der Gründe dafür, dass die Pflanze so spät - nämlich erst 1994 - wieder entdeckt wurde."

Die Pflanze brauche es zudem eher luftfeucht, so Kiehn: "Als die Pflanze vor 200 Millionen Jahren bis vor 65 Millionen Jahren in Australien existiert hat - und zwar in sehr großen Mengen existiert hat, wie uns Fossilfunde zeigen - war das Gesamtklima des Kontinents wesentlich feuchter. Einer der Gründe für das Verschwinden der Wollemia nobilis in weiten Teilen Australiens liegt darin, dass der Kontinent seither trockener geworden ist."

Nur in den tiefen Schluchten habe die Pflanze die Chance gehabt, in einem relativ ausgeglichenen und luftfeuchten Klima bis heute zu überleben.
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Ein Jahr im Tontopf, dann im Palmenhaus
Ein Jahr lang bleibt die heute überreichte Wollemia im Tontopf und in der Obhut des Botanischen Gartens Wien. Danach soll sie in die Bundesgärten ausgepflanzt werden - und zwar ins Palmenhaus in Schönbrunn.
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Wollemia-Kultur
Um die Art der vor dem endgültigen Aussterben zu bewahren, wird der Nadelbaum in Australien kultiviert und ab Ende nächsten Jahres zu kaufen sein (auch in Europa). Laut Michael Kiehn würde sie sich in unseren Breiten weniger für den Garten, als für Innenräume eignen.
->   www.wollemipine.com
Moderner Artenschutz
Bild: APA
Michael Kiehn bei der inoffiziellen Übergabe
der Pflanze am Wiener Flughafen.
Für Kiehn ist die Wollemia ein "hervorragendes Beispiel für modernen Artenschutz". Der Standort in Australien werde geschützt und das Programm biete zusammen mit einer gezielten Vermehrung und Kommerzialisierung des Baumes in den kommenden Jahren Sicherheit für das Überleben der Art.

"Das Ziel der Vermehrung ist nicht nur, die Art in ausreichender Stückzahl außerhalb des natürlichen Standortes zu haben, sondern auch die Pflanzen auf den Markt zu bringen. Damit verhindert man, dass Menschen Pflanzen am natürlichen Standort 'entnehmen' und so schädigen. Gleichzeitig wird ein Gewinn erzielt, der in Naturschutzprojekte investiert werden kann."

Barbara Daser, Ö1-Wissenschaft
science.ORF.at, 2.11.04
 
 
 
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01.01.2010