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Diabetes-Leitlinien: Lebensstil ändern, dann Medikamente  
  Mehr als 300.000 Österreicher leiden an Diabetes, 95 Prozent davon sind Typ-2-Diabetiker ("Altersdiabetes"). 40 bis 60 Prozent dieser Erkrankungen könnten verhindert werden. Dazu müsste aber frühzeitig beim Lebensstil angesetzt werden.  
"Zuerst Lebensstil-Medizin, dann medikamentöse Behandlung" - so lautet die Quintessenz der heute in Wien präsentierten neuen Behandlungsleitlinie.

Sie ist die bereits 10. Empfehlung im Rahmen des Projektes "Arznei & Vernunft", an dem der Hauptverband der Sozialversicherungsträger, die Vereinigung pharmazeutischer Unternehmen (Pharmig) sowie die Ärzte - und Apothekerkammer beteiligt sind.
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Weltweite "Seuche"
Der Typ 2 Diabetes hat sich in den letzten Jahren zu einem der größten medizinischen Probleme entwickelt. Weltweit waren im Jahr 2000 ungefähr 150 Millionen Menschen erkrankt - eine Zahl, die sich in den nächsten 20 Jahren noch verdoppeln wird. Die Leitlinie der Initiative Arznei & Vernunft versteht sich als "Nachschlagewerke" und praktische Information für Ärzte.

Leitlinien der Sozialversicherung zum Download (pdf-Datei):
Ärzteleitlinie
Patienteninformation
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Großer wirtschaftlicher Schaden durch Volksleiden
Mit Typ-2-Diabetes, auch nicht-insulinabhängiger Diabetes genannt, hat sich das Expertengremium ein echtes "Volksleiden" mit erheblichen volkswirtschaftlichen Auswirkungen vorgenommen.

"Die Folgen von nicht adäquat behandeltem Diabetes sind im schlimmsten Fall Nierenversagen, Erblindung, Amputation, Schlaganfall und Herzinfarkt - alles äußerst kostenintensive Erkrankungen, ganz abgesehen vom persönlichen Leider der Betroffenen," hielt Hauptverband-Generaldirektor Josef Probst bei der Präsentation fest.

Die Sozialversicherung will die Häufigkeit der Diabetes-Spätschäden bis zum Jahr 2020 in Österreich um ein Drittel reduziert sehen.
Konzentration auf Prävention
Vermehrtes Augenmerk soll deshalb auf die Prävention gelegt werden. Bei Risikogruppen sollten frühzeitig Maßnahmen zur Vorbeugung ergriffen werden: Gewichtsreduktion, Kontrolle von Blutdruck, Blutfettwerten, fettarme Ernährung und ausreichend Bewegung.
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Gesunde Zielwerte
Bei Typ-2-Diabetikern sollen folgende Zielwerte angestrebt werden
- HbA1c (gibt an, wieviel Prozent des roten Blutfarbstoffs mit Glucose "verzuckert" ist.): am besten kleiner 6,5 Prozent, jedenfalls aber unter 7 Prozent
- Blutdruck: 120/80 mmHg
- Gesamtcholesterin: weniger als 200 Milligramm/Deziliter
- LDL-Cholesterin: weniger als 100 Milligramm/Deziliter Blut
- HDL-Cholesterin: größer 45 Milligramm/Deziliter
- Trigylceride: weniger als 150 Milligramm/Deziliter
- BMI: höchstens 25
- Taillenumfang: weniger als 94 cm/Männer, weniger als 80 cm/Frauen
- Nichtrauchen
- Vor dem Essen sollte der Blutzuckerwert nicht mehr als 90 bis 120 Milligramm pro Deziliter betragen.
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Medikamentöse Behandlung zusätzlich möglich
Wenn der HbA1c-Wert mit den Lebensstilmaßnahmen nicht auf unter sieben Prozent gebracht werden kann, gibt es zahlreiche Medikamente für die Blutzuckereinstellung.

Hier sollte laut dem Expertenpapier zunächst eine Monotherapie mit einem oralen Antidiabetikum (besonders Metformin bzw. Sulfonylharnstoffe) erfolgen. Reicht das nicht, gibt es Kombinationstherapien.

Genügt auch die orale Kombinationstherapie binnen drei Monaten nicht, sollte - so die Leitlinie - nicht zu spät eine Insulinbehandlung erfolgen.
Zurückhaltung bei Insulin-Analoga
Bei Neuerungen wie etwa den Insulin-Analoga, die entweder extrem kurz oder extrem gleichmäßig und lang wirken, nimmt das Papier eine zurückhaltende Position ein.

Weiters wird festgestellt, dass eine Empfehlung, alle Diabetiker - auch ohne vorliegende Herz-Kreislauf-Erkrankung - mit Cholesterinsenkern (Statine) zu behandeln, derzeit nicht möglich sei.
Vorscreening in Apotheken
Apothekerkammer-Vizepräsidentin Christiane Körner betonte, dass auch Vorscreening-Tests auf erhöhte Blutzuckerwerte in den Apotheken einen Beitrag zur Früherkennung von Typ-2-Diabetes leisten könnten.

Zu der Leitlinie gibt es auch Informationsmaterial für Patienten in den Arztordinationen und Apotheken.

[science.ORF.at/APA, 5.11.04]
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01.01.2010