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Partnerwahl: Mäuse "erriechen" Immunmoleküle  
  Einem internationalen Forscherteam gelang der Nachweis, dass Mäuse ihre Artgenossen über das Riechen spezifischer Immunmoleküle genetisch unterscheiden können. Damit wird unter anderem auch die Partnerwahl gesteuert.  
Kurze Peptide, die eigentlich vom Immunsystem für die Beurteilung des Gesundheitszustands von Zellen genutzt werden, können die Neuronen im Geruchsorgan erregen.
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Die Studie " MHC Class I Peptides as Chemosensory Signals in the Vomeronasal Organ" von Trese Leinders-Zufall et al. ist im Fachmagazin "Science" (Band 306, S. 1033-1037, Ausgabe vom 5.11.04; DOI: 10.1126/science.1102818 ) erschienen.
->   "Science"
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Gleiche Moleküle, andere Funktion
Über den Geruchssinn erhalten Tiere Informationen über Geschlecht, Sozialstatus und Individualität ihrer Artgenossen. Doch über die chemische Natur der dabei wirkenden Signalstoffe war bisher nur wenig bekannt.

Jetzt ist es einer Gruppe amerikanischer, britischer und deutscher Wissenschaftler unter Beteiligung des Max-Planck-Instituts für Immunbiologie gelungen nachzuweisen, dass Immun- und Nervensystem offenbar die gleichen Moleküle für unterschiedliche Aufgaben heranziehen.
Kleine molekulare Einheiten als Signalüberbringer
Laut Untersuchung der Wissenschaftler befinden sich vor den so genannten MHC-Molekülen (Major Histocompatibility Complex) kleine molekulare Einheiten.

Diese so genannten Liganden dienen auch als sensorische Signale für die Neuronen des Vomeronasalorgans, das sich bei Mäusen in der Nasenscheidenwand befindet.
Infektionsabwehr durch Eliminierung kranker Zellen
 
Bild: Max-Planck-Gesellschaft

Schnitt durch das Vomeronasalorgan, einer winzigen Struktur in der Nase der Maus. In der basalen (grünen) Schicht befinden sich die durch Peptide erregbaren Neuronen.
MHC-Moleküle sind eigentlich für die Abwehr von Infektionen von entscheidender Bedeutung. Denn sie erlauben es den Immunzellen, den Zustand der Körperzellen von außen zu beurteilen.

MHC-Moleküle transportieren bestimmte Abbauprodukte (Peptide) von körpereigenen oder fremden Proteinen an die Zelloberfläche. Das Immunsystem kann mit Hilfe der MHC-Peptid-Komplexe gesunde von kranken oder defekten Zellen unterscheiden und letztere dann eliminieren.
Moleküle individuell geprägt
Die MHC-Moleküle unterscheiden sich zwischen Individuen sehr stark, was auf der großen Vielfalt der beteiligten Gene beruht.

Da die Peptid-Liganden zu den MHC-Molekülen passen wie der Schlüssel ins Schloss, sind auch sie entsprechend vielfältig. Sie spiegeln damit die genetischen Besonderheiten eines Individuums wider.
Unterscheidung durch Geruchssinn
Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass die Nervenzellen des Vomeronasalorgans durch unterschiedliche MHC-Liganden in einem charakteristischen Muster erregt werden.

Damit können genetisch verschiedene Individuen über den Geruchssinn unterschieden werden.
Mäuse können Partner gut riechen
Das Erkennen von Individualität über die Peptid-Liganden von MHC-Molekülen ist für das Fortpflanzungsverhalten von Mäusen wichtig.

So ist bekannt, dass Mäuseweibchen die chemische Zusammensetzung des Urins nutzen, um verschiedene Männchen voneinander zu unterscheiden. Darüber hinaus spielt der molekulare Erkennungsmechanismus bei Mutter-Kind-Beziehungen eine große Rolle.

[science.ORF.at, 5.11.04]
->   Max-Planck-Institut für Immunbiologie
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01.01.2010