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Künstler baute für Antarktis-Forscher Bibliothek  
  Am 23. November fliegt der Kölner Künstler Lutz Fritsch mit den ersten 400 Büchern einer geplanten Bibliothek von 1.000 Bänden in die Antarktis. Ziel seiner Reise ist die deutsche Forschungsstation "Neumayer".  
Als Mitbringsel für die fünf Wissenschaftler und das vierköpfige "Technik-Team" aus Koch, Arzt, Funker und Ingenieur hat Fritsch Lektüre im Gepäck - Bücher für die von ihm geschaffene "Bibliothek im Eis".
Sechs Meter Container: Südlichster Lesesaal der Welt
Die ist - funktional und geographisch - das "südlichste Lesesälchen" der Welt. Das Gebäude zu den Büchern - ein sechs Meter langer und über zwei Meter breiter Spezialcontainer - war schon im vergangenen Jahr an den Südpol verschifft worden.

Besonderheit der "Bibliothek", die auf einer "Schlittenkonstruktion" steht: Sie ist das einzige oberirdische Gebäude der Station, das zudem ein Fenster hat. Damit und mit ihrer maßgeschneiderten Inneneinrichtung aus Kirschholzregalen und -tisch, Leselampen, Ledersofa und -sessel werde die Bibliothek schon optisch zum Gegenpol, berichtet Fritsch in einem Gespräch mit der dpa.

Das normale Leben des alle fünfzehn Monate wechselnden Forscherteams im nördlichen Weddellmeer spielt sich nämlich unterirdisch ab in 90 Meter langen Röhren, erhellt durch steriles Neonlicht.
Buch lesen wird im ewigen Eis zum "Akt"
Wichtiger aber ist die "Bibliothek" als "emotionaler Gegenpol", meint der Künstler. Wer in einem Bildband blättern, Gedichte rezitieren oder in einem Roman schmökern wolle, der müsse sagen, "Ich gehe jetzt raus - lesen".

Dick anziehen, Tür aufmachen, Tür schließen, Ausziehen und vom Vorraum in das Lesezimmer treten - im ewigen Eis werde der normale Griff zum Buch so zu einem "Akt", wenn nicht zum Ritual, das es zu Zelebrieren gelte.
Minutiöse Vorbereitung
Das Gelingen seines Projektes hat Fritsch nach eigenen Angaben minutiös vorbereitet. Damit die "Bibliothek im Eis" nicht in ein, zwei Jahren ruiniert ist, sondern "immer und ewig überdauert", hat er auch an Kleinigkeiten gedacht.

Das reicht von Auffangschalen für das von den Schneeschuhen tropfende Schmelzwasser in der "Diele" bis zum "Glühbirnen-Ersatzteillager" unter dem Sofa. Dort habe er auch einige "Überraschungen" für die Forscher verborgen, verrät Fritsch: Gummibärchen etwa und eine "gute Flasche", deren Inhalt bei Minusgraden nicht friert.
Finanziert durch Spenden
Die Bibliothek besteht aus Spenden prominenter Wissenschaftler und Künstler, die Fritsch um ein Buch, ob extra gekauft oder dem eigenen Regal entnommen, gebeten hatte. Unter den Stiftern sind etwa der Komponist Karlheinz Stockhausen, das Künstlerpaar Bernhard und Anna Blume, Filmregisseur Tom Tykwer, der Dichter Wolf Wondratschek, die Schriftsteller Christa Wolf und Günter Grass ebenso wie der Präsident der Max-Planck- Gesellschaft, Peter Gruss.

Mehr Namen oder Buchtitel gibt Bibliotheksgründer Lutz Fritsch nicht preis: Für alle außerhalb der Antarktis soll die Bibliothek nämlich fiktiv bleiben.

Antje Lorscheider, dpa, 9.11.04
->   Forschungsstation Neumayer (Alfred Wegener Institut)
 
 
 
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01.01.2010