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Kein offizielles Krankheitsregister in Österreich  
  Im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Ländern verfügt Österreich über kein Morbiditätsregister, d.h. es gibt keine genauen Daten darüber, wie verbreitet einzelne Krankheiten bei uns sind.  
Wenn es in Meldungen etwa heißt "In Österreich leiden an die 500.000 Menschen an Diabetes, 700.000 an chronischen Schmerzen oder 200.000 an Lungenhochdruck", dann sind das immer nur geschätzte oder hochgerechnete Zahlen.

Doch ohne genaue Zahlen ist kaum sinnvolle Gesundheitspolitik zu machen, kritisiert Manfred Maier, der Leiter des neuen Zentrums für Public Health.
"Für sinnvolle Gesundheitspolitik nötig"
Für eine adäquate Gesundheitspolitik brauche man verlässliche Daten über den Gesundheitszustand der Bevölkerung, so Manfred Maier im ORF-Radio. Nur so können die nötigen Initiativen an der richtigen Stelle gesetzt werden.

In Österreich wird nur vereinzelt - wie etwa in Vorarlberg - in Projekten erfasst, wie verbreitet einzelne Krankheiten sind oder ob sie im Steigen begriffe sind: "Aber eine generelle und Österreich weite Erfassung dieser Morbidität existiert nicht. Und ohne die wird es sicher keine sinnvolle Gesundheitspolitik geben können."
Studie: Weniger Schlaganfälle durch gezielte Initiativen ...
Erst jüngst wurde in der Fachschrift "Lancet" eine Studie publiziert, in der gezeigt werden konnte, dass sich etwa die Zahl der Schlaganfälle drastisch senken lässt, wenn man weiß in welchen Bevölkerungskreisen welche Risikofaktoren vorliegen und man dann darauf aufbauend ganz gezielt die nötigen Maßnahmen setzt:

Der Prozentsatz an Schlaganfällen, der laut der britischen Studie vermieden werden konnte, liegt bei etwa 40 Prozent, so Maier.
... Daten stammten aus Morbiditätsregister
Das heißt, man hat in einem Morbiditätsregister erfasst, welche Risikofaktoren in welcher Bevölkerungsgruppe genau vorlagen. Aufgrund dieser Daten wurden dann ganz gezielte Maßnahmen gesetzt, sodass die Zahl der Schlaganfälle, die man erwarten musste, gesenkt werden konnte.

"Das sind Daten, die in dieser Gründlichkeit bis jetzt nicht bekannt waren. Und die Erhebung der dafür nötigen Daten und Untersuchungen waren ausschließlich nur durch ein Morbiditätsregister möglich."
Gesamteuropäische Kontroll-Instanz geplant
Seit etwa einem Jahr gibt es nun auch in Österreich ein Pilotprojekt, in dem erarbeitet wird, wie so ein Morbiditätsregister bei uns realisiert werden könnte.

An sich ist es höchste Zeit - so Manfred Maier- dass Österreich die Erstellung eines Morbiditätsregisters angeht. Und zwar nicht zuletzt deshalb weil eine Art 'center for disease-control', wie es in Amerika schon seit vielen Jahren besteht, auch für Europa - genauer gesagt in Stockholm - schon beschlossene Sache sei.
Heimisches Morbiditätsregister bereits in zwei Jahren?
"Es wird notwendig sein, dass alle Mitglieder der Europäischen Union an dieses Zentrum Daten auf eine einheitliche Weise liefern, sodass auch für ganz Europa neue Krankheitsbilder - Stichwort SARS - rechtzeitig erkannt werden und rechtzeitig reagiert werden kann."

Sieht man in einem nationalen Register etwa ein drastisches Ansteigen bestimmter Symptome, so können rascher staatenübergreifende Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung gesetzt werden.

Manfred Maier rechnet damit, dass Österreich in etwa zwei Jahren über das dringend notwendige Morbiditätsregister verfügen wird.

Eveline Schütz, Ö1-Wissenschaft,
science.ORF.at, 9.11.04
->   Zentrum für Public Health (Medizinuni Wien)
 
 
 
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01.01.2010