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Lügner haben ein schweres Leben  
  Zumindest unter Wespen zahlt sich Betrug nicht aus. Wird durch künstliche schwarze Flecken im Gesicht ein falscher sozialer Status vorgespiegelt, werden die Schwarmkolleginnen aggressiv.  
Häufigere Kämpfe, weniger Nachwuchs
Elizabeth Tibbetts vom "Center for Insect Science" der Universität Arizona und ihr kanadischer Kollege James Dale von der Simon Fraser Universität in Burnaby konnten am Beispiel der Gallischen Feldwespe (Polistes Dominulus) aufzeigen, dass "betrügerische" Tiere mit sozialen Repressionen bestraft werden. Sie werden öfter angegriffen und haben dadurch weniger Zeit, Eier zu legen und sich um den Nachwuchs zu kümmern.

Den Forschern gelang der Nachweis, dass Insekten über äußerlich sichtbare Statussymbole kommunizieren.
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Der Artikel "A socially enforced signal of quality in a paper wasp" von Elizabeth A. Tibbetts und James Dale erscheint am 11.11.2004 im Wissenschaftsmagazin "Nature" (doi:10.1038/nature02949).
->   Nature
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Äußerliche Merkmale verweisen auf sozialen Status
 
Bild: Elizabeth A. Tibbetts

Bild: Bei den Feldwespen sind es die schwarzen Flecken im Gesicht, die Rückschlüsse auf die soziale Stellung zulassen. Hier gilt die Regel: Je mehr schwarz, desto mächtiger.

Bei mehreren Tierarten konnte bereits nachgewiesen werden, dass von äußerlichen Kennzeichen auf den sozialen Status geschlossen werden kann.

Bei vielen Vogelarten etwa weist der Melanin-Fleck am Hals auf die Aggressivität hin, wie das Tier beim Kampf um Futter an den Tag legen wird. Der Halsbandschnäpper (Ficedula Albicollis) hat einen weißen Stirnfleck, der bei der Territorialverteidigung Eindruck schinden soll.
Strafe für Unehrlichkeit nachgewiesen
"Es ist der bisher deutlichste Nachweis, dass unehrliche äußerliche Zeichen sozial bestraft werden", erklärt Elizabeth A. Tibbetts in der Presseaussendung der Universität zum Thema. Bisher hatten sich Biologen oft gewundert, warum Tiere dazu neigen, durch äußerliche Übertreibungen ihren Status zu verändern.
Nur Weibchen liefern sich Rangkämpfe
Zu Beginn ihrer Forschungsarbeit mussten die beiden Wissenschaftler zuerst nachweisen, dass bei den Feldwespen ein eindeutiger Zusammenhang zwischen den schwarzen Flecken im Gesicht und dem sozialen Rang besteht.

Dazu ließen sie jeweils zwei ungefähr gleichgewichtige weibliche Insekten miteinander kämpfen. Die Weibchen wurden deshalb ausgesucht, weil nur sie den Winter überleben und im Frühjahr durch Rivalitätskämpfe eine Rangordnung herstellen.
"Fleckigere" Siegertypen
Bei der Analyse der Raufereien zeigte sich, dass die "fleckigeren" Wespen überlegen waren. Das hänge auch mit der Kopfgröße zusammen, schreiben Tibbetts und Dale. Je größer der Kopf - und damit in den meisten Fällen auch der Körper - desto mehr Punkte haben Platz.

Dennoch war damit nicht geklärt, warum sich kleinere Wespen nicht künstlich noch einen Fleck hinzufügen sollten, was aufgrund der vorhandenen Pigmentierung durchaus möglich wäre.
Täuschung führte zu härteren Kämpfen
Die beiden Forscher manipulierten daher die Tiere. Einem Teil malten sie einen zusätzlichen Punkt ins Gesicht, anderen wurde ein Merkmal überpinselt.

Der Ergebnis: Die Kämpfe wurden länger und härter. Einige Wespen, die einen "falschen" Punkt im Gesicht trugen, konnten zwar zuerst siegen.

Die unterlegene Wespe gab sich mit der Ergebnis aber nicht zufrieden und griff nochmals an. Manchmal konnte die scheinbar natürliche Rangordnung dadurch sogar umgedreht werden.
Kein ruhiges Leben für "Betrüger"
Generell könnte man feststellen, dass die künstlich erzeugte Hierarchie nicht akzeptiert wurde, erklärt die Neurobiologin und Verhaltensspezialistin Elizabeth Tibbitts.

Die "Betrüger" würden öfter angegriffen. Sie könnten deshalb weniger Eier legen und sich nicht ausgiebig um den Nachwuchs kümmern.
Erklärung: Zusätzliche Signale
Tibbitts und Dales Erklärung: Wahrscheinlich gibt es neben dem Äußeren noch eine andere Art von Information, über die der Status kommuniziert wird. Die Forscher denken dabei an chemische oder verhaltenstypische Signale.

Elizabeth Tibbitts dazu in der Presseaussendung: "Wenn eine Wespe gemischte Signale aussendet, wird sie bestraft."

Elke Ziegler, science.ORF.at, 11.11.04
->   Center for Insect Science, University of Arizona
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01.01.2010