News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Mit den Fischen verschwinden die Buschtiere  
  Wenn der Fischbestand im Meer abnimmt, verschwinden auch die Tiere aus den Buschwäldern. Der Grund: Wenn die Proteinversorgung über Fische nicht ausreicht, greifen die Menschen in Ghana vermehrt zu Affen, Antilopen und anderen Wildtieren.  
Nicht nur in den Meeren, sondern auch am Land würde so die Biodiversität abnehmen, schreibt Justin Brashares, Spezialist für Ökosysteme am Berkeley's College of Natural Resources der University of California.
Marktverzerrende EU-Subventionen
Die Schuld suchen die Wissenschaftler auch bei einer - ihrer Ansicht nach - verfehlten Subventionspolitik der EU. Überhöhte Unterstützungszahlungen für europäische Fischereiflotten würden Fischgeschäfte unverhältnismäßig profitabel machen.
...
Der Artikel "Bushmeat Hunting, Wildlife Declines, and Fish Supply in West Africa" von Justin S. Brashares und Kollegen ist am 12.11.2004 in "Science" (Ausgabe 306, S. 1180-1183) erschienen.
->   "Science"
...
Stark abnehmende Vielfalt ...
Bild: Science
Der schwindende Fischbestand habe dazu geführt, dass in einigen Gebieten beinahe die Hälfte der Wildtierarten verschwunden sei, schreiben die Wissenschaftler. Sie werteten Daten von über knapp 30 Jahren aus und konnten damit einen Verdacht empirisch bestätigen, den Park-Ranger und Mitarbeiter bei Öko-Projekten seit Jahren hegen.

Die Statistiken, die von Rangern zwischen 1970 und 1998 in sechs Naturreservaten in Ghana geführt wurden, erfassen insgesamt 41 Tierarten, darunter Büffel, Antilopen, Schakale Löwen, Elefanten, Affen und Paviane.

Bild rechts: Ein Ranger mit einer Wasserbock-Antilope (Kobus ellipsiprymnus), die von einem "Buschfleisch"-Jäger erlegt wurde.
... bis hin zum Aussterben
Laut Auswertungen hat die Artenvielfalt um 76 Prozent abgenommen. In einigen kleineren Reservaten kann sogar vom Aussterben einiger Tierarten gesprochen werden.

Gleichzeitig hat sich die Menge an gefangenen Fischen mehr als verdoppelt. Sie stieg von 230.000 Tonnen pro Jahr auf 480.000 Tonnen an. Der Großteil wird in Europa verarbeitet und konsumiert.
Profit durch Subventionszahlungen
Bild: Science
Ein Wissenschaftler aus Ghana hält das Fell eines Streifenschakals (Canis adustus), das auf einem Buschfleischmarkt zum Kauf angeboten wurde.
Je weniger Fisch auf lokalen Märkten verkauft wurde, desto mehr Fleisch von Buschtieren war zu bekommen - diesen Zusammenhang konnten die Forscher klar belegen. Dementsprechend mehr Jäger wurden von den Parkaufsehern registriert.

Die Wissenschaftler weisen in ihrer Studie auf Vorwürfe von Umweltschutzgruppen und afrikanischen Politikern hin, die die EU für die Überfischung der Meere verantwortlich machen. Tatsächlich kommt ein Großteil der vor Westafrika fischenden Boote aus EU-Staaten. Zwischen 1950 und 2001 wuchs die gefischte Ware um das 20-fache an.

Nicht nur die Menge stieg an, sondern auch die Subventionen wurden massiv erhöht (von sechs Millionen Dollar 1981 auf 350 Millionen Dollar 2001). Durch die Stützungszahlungen würde Fischfang vor Afrikas Küsten überproportional profitabel, meinen die Kritiker.
UN-Konvention als eine Wurzel des Übels
Eine weitere Wurzel des Übels sehen manche in einer Konvention der Vereinten Nationen von 1982. Damals wurde beschlossen, dass das bis zu 200 Meilen von der Küste entfernte Meeresgebiet nur vom Staat selbst befischt werden darf.

Gleichzeitig würden Entwicklungsländer wie Ghana aber durch die Verknüpfung von Fischereirechten und Entwicklungshilfe dazu gezwungen, auch ihr Hoheitsgebiet für fremde Flotten zu öffnen.
Subventionskürzungen gefordert
Die EU allein kann das Problem nicht lösen, stellen die Forscher in ihrem Paper fest. Aber eine Kürzung der Subventionen wäre eine Maßnahme, die schnell greifen würde. Wenn wieder mehr Fisch in Ghana selbst verfügbar wäre, könnte realistischer über Maßnahmen für eine nachhaltige Landnutzung nachgedacht werden.

Elke Ziegler, science.ORF.at, 11.11.04
Mehr zu Fischfang und Biodiversität in science.ORF.at:
->   Artenschutzkonferenz: Streit um Elefantenleder und Fischfang (27.9.04)
->   UN-Konferenz zu globalem Netz von Schutzgebieten (4.2.04)
->   Bedrohte Fische: Hotspots der Artenvielfalt entdeckt (5.8.03)
->   Dramatischer Rückgang der Raubfisch-Bestände (15.5.03)
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010