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Neues Medikament gegen Reizdarm  
  Bauchschmerzen, Blähungen, Stuhlunregelmäßigkeiten: Jeder fünfte Mensch hat solche Probleme mit der Verdauung. Zwei Drittel davon sind Frauen. Wenn Untersuchungen keine krankhaften Veränderungen im Darm ergeben, sprechen die Ärzte von einem Reizdarm. Diese Krankheit gilt auch oft als nur eingebildetes, psychisches Leiden. Doch jetzt haben Forscher die Ursache des Reizdarms erforscht und testen neue Medikamente, die zumindest manchen Patienten gut helfen.  
Funktionsstörung des Verdauungstrakts
Der Reizdarm (Colon irritabile ) ist keine bösartige Krankheit, sondern eine Funktionsstörung des Verdauungstraktes, der die Lebenserwartung nicht einschränkt, die Lebensqualität allerdings stark beeinträchtigen kann.

Ganz wichtig bei Verdacht auf Reizdarm ist, andere gefährliche Darmerkrankungen, vor allem Darmkrebs sicher auszuschließen. Daher sollte bei jedem Patienten mit unklaren Bauchschmerzen eine Koloskopie, eine Darmspiegelung gemacht werden.

Typisch für dieses Leiden ist, dass nichts Auffälliges zu erkennen ist. Der Darm sieht völlig normal und gesund aus. Trotzdem funktioniert die Verdauung nicht richtig.
Bauchhirn ist gestört
Schuld an der Funktionsstörung des Darms ist vermutlich eine Störung des Informationsaustausches zwischen Gehirn und Darm, die zu Funktionsproblemen und Überempfindlichkeit führt.

Der Darm mit seinen hundert Millionen komplex verschalteten Nervenzellen wird auch als zweites Gehirn oder Bauchhirn bezeichnet.

Die Nerven des Darms schicken Informationen an das Gehirn und umgekehrt. Eine Schlüsselrolle spielt dabei der Nerven-Botenstoff Serotonin, der die Darm-Motorik und die Wahrnehmung von Schmerzen steuert.
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Die Rolle von Serotonin
Peter Holzer von der Experimentellen und Klinischen Pharmakologie an der Universität in Graz erklärt: "Diese Theorie beruht darauf, dass 95 Prozent unseres Serotonins im Darm vorkommt und dort durch Reize bei der Verdauung usw. freigesetzt wird. Serotonin selbst ist aber ein sehr verwirrender vielfacher Faktor, der alle möglichen Funktionen steuert. Es greift insgesamt sieben Haupttypen von Rezeptoren an und macht entweder das oder jenes.¿
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Neues Medikament wird getestet
Bei Patienten mit Reizdarm scheint das Serotonin-System nicht richtig zu funktionieren. Das versucht die Pharmaindustrie jetzt zu nützen. Ein neues Medikament bindet ganz gezielt nur auf jenen Rezeptor, der die Darmmotorik steuert.

So soll die Beweglichkeit des Darms stimuliert und Verstopfung und Schmerzen bekämpft werden. Für die Europäische Zulassungsstudie wurden im LKH Graz West zehn Patienten mit der neuen Pille behandelt.
Heilungschancen sind gut
Im Tierexperiment haben Grazer Forscher abgeklärt, dass die neue Pille keine unerwünschten Nebenwirkungen hat. Das Medikament wirkte jedoch nicht bei jedem. Studien zeigen, dass es bei knapp der Hälfte der Patienten die Beschwerden lindert.

Bei einem Drittel der Testpersonen hat allerdings auch ein Scheinpräparat gewirkt. Das ist typisch für Krankheiten, bei denen auch die Psyche eine Rolle spielt.

Es sind noch weitere Studien nötig, bis die neue Therapie auf den Markt kommt. Die Heilungschancen bei Reizdarm sind generell sehr gut. Auch ohne Medikamente verschwinden die Symptome oft von alleine.

Sylvia Unterdorfer, Modern Times Gesundheit
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Mehr zu dem Thema in "Modern Times Gesundheit" am 12. November 2004, ORF 2, 22.35 Uhr.
->   "Modern Times Gesundheit"
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->   Mehr über den Reizdarm (Netdoktor.de)
->   LKH Graz West
->   Novartis Österreich
 
 
 
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01.01.2010