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Gehrer versteht Kritik an neuem ÖH-Gesetz nicht  
  In Zukunft soll die Bundesvertretung der Österreichischen HochschülerInnenschaft nicht mehr direkt gewählt werden: Während sich die ÖH darüber am Freitag "schockiert" zeigte, "versteht" Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP) "die ganze Aufregung nicht".  
Mit diesen Worten kommentierte sie die heftige Kritik von Oppositionspolitikern und ÖH-Vertretern am Entwurf für eine Novelle des Hochschülerschaftsgesetzes (HSG).

Die Aufwertung der Universitäts-Vertretungen sei eine nötige Anpassung an die neuen gesetzlichen Bedingungen, die auch den Unis mehr Autonomie einräumten, sagte die Ministerin gegenüber der APA.
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Statt einer Direktwahl der Bundesvertretung sollen die ÖH-Mandatare künftig von den Universitäts- und Akademievertretungen der einzelnen Hochschulen gemäß der Mandatsstärke der Fraktionen gewählt werden.
->   Mehr dazu in: Keine Direktwahl des Studentenparlaments mehr (11.11.04)
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Demokratisch legitimierte Uni-Vertreter
Dass mit der Abschaffung der Direktwahl die ÖVP-nahe AktionsGemeinschaft bevorzugt wird, lässt Gehrer nicht gelten. Ein Umlegen der derzeitigen Stimmen- und Mandatsverhältnisse auf die neuen Regelungen sei insofern müßig, als bei den nächsten Wahlen im Juni 2005 die Karten neu gemischt würden.

Die geplante Regelung sehe eine demokratisch legitimierte Direktwahl der Uni-Vertreter vor, und hier werde auch in Zukunft die Hauptaufgabe der ÖH liegen. Deswegen sei auch eine finanzielle Aufwertung der Uni-Vertretungen in Ordnung.
Bessere Berücksichtigung von Minderheiten
Die neue Regelung bringe auch eine bessere Berücksichtigung von Minderheiten - etwa Akademien - in der Bundesvertretung. Gehrer gab sich zuversichtlich, dass im Juni bereits nach dem neuen Modus gewählt werden kann.
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Der von ÖVP und FPÖ Mittwochnacht im Nationalrat eingebrachte Initiativantrag für das neue Hochschülerschaftsgesetz (HSG) liegt auf der Homepage der ÖVP als Download.
->   Der Initiativantrag (pdf-Datei)
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FPÖ: Mehr Schutz für kleine Fraktionen
Begrüßt wird die HSG-Novelle auch von den Freiheitlichen. Das neue System bringe einen besseren Schutz für kleine Fraktionen, so die freiheitliche Abgeordnete Elke Achleitner in einer Aussendung. Durch Listenverbände werde es für diese einfacher, in die Bundesvertretung zu kommen, wozu sie in Zukunft nur 1.000 Stimmen bräuchten.
HochschülerInnenschaft "schockiert"
Die ÖH zeigte sich von der HSG-Novelle weiter "schockiert". Die grün-roten Studentenvertreter fühlen sich "mundtot" gemacht - und wollen eine gleichnamige Kampagne starten.

Dafür sollen 120.000 Euro an Rücklagen aufgelöst werden. Diesen Plan und weitere Maßnahmen will man bei einer außerordentlichen Bundesvertretungssitzung am kommenden Freitag (19. November) beschließen, hieß es bei einer Pressekonferenz am Freitag in Wien.
Bringt AG Mehrheit
Das von der Regierung vorgeschlagene Modell einer Ersetzung der Direktwahl des österreichweiten Studentenparlaments durch eine proportionale Entsendung durch die einzelnen Universitätsvertretungen sei das "einzige Modell, das der (ÖVP-nahen, Anm.) AktionsGemeinschaft/AG eine Mehrheit geben würde", kritisierte ÖH-Vorsitzende Barbara Wittinger (Grüne und Alternative StudentInnen/GRAS).

Klar sei natürlich, dass wir "nicht einen Regierungskurs fahren wie die AG" - das angedachte Modell diene nur dazu, dass "Schwarze zu ihren Zielen kommen und Macht ausüben" können.

Nicht die ÖH brauche eine Kur, sondern die "an Autoritätssucht erkrankte Regierung", ergänzte die stellvertretende ÖH-Chefin Patrice Fuchs (Verband Sozialistischer StudentInnen/VSStÖ).
Diskussion eingemahnt
Auch die Vorgangsweise der ÖVP sei ärgerlich, so Wittinger: Die ÖH habe zuvor nur ein Schreiben bekommen, wonach sie ihre Vorstellungen für eine HSG-Reform einbringen solle. Man sei davon ausgegangen, dass es danach zu einem Diskussionsprozess kommen werde - stattdessen habe es "nur Stillschweigen" gegeben.

Fuchs kritisierte die 50-prozentige Kürzung des Budgets der Bundesvertretung: Bisher seien vom ÖH-Budget 70 Prozent an die Universitätsvertretungen verteilt worden, nun sollen es 85 Prozent sein - damit blieben statt 30 nur mehr 15 Prozent bei der Bundesvertretung.
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Gehrer: Dezentralisierung notwendig
Angesprochen auf die Budget-Kürzung für die ÖH-Bundesvertretung antwortete Bildungsministerin Gehrer im ORF-Radio: "Man sollte sich das in Ruhe anschauen, ich glaube es ist ein guter und vernünftiger Vorschlag. Ich meine, dass die sozialen Hilfestellungen und die Beratungsangebote an den Universitäten laufen müssen und von den Universitätsvertretungen gemacht werden sollen. Das Geld wird nicht weniger, das heißt, es können alle Angebote aufrecht erhalten werden. Aber auch in diesem Bereich halte ich Dezentralisierung auf die 21 Universitäten für notwendig."
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Uni-Vertretung: Mehr Geld, mehr Aufgaben
Allerdings könne man nicht unbedingt behaupten, dass durch die Novelle die Universitätsvertretungen wirklich gestärkt würden, so Fuchs. Diese bekämen zwar mehr Geld, aber auch mehr Aufgaben - Leistungen der Bundesvertretung wie die juristische Beratung oder die Maturantenberatung könnten durch die einzelnen Universitätsvertretungen nicht im gewohnten Umfang angeboten werden.

Es sei auch nicht sinnvoll, wenn alle Hochschülerschaften an den Unis eigene Broschüren drucken würden.
Vorschlag eines Runden Tisches
Neuerlich vorgeschlagen wurde von der ÖH-Spitze ein "Runder Tisch" zu den Universitäten mit Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP), Finanzminister Karl-Heinz Grasser, Vertretern der Rektorenkonferenz und der Hochschullehrer-Gewerkschaft sowie den Wissenschaftssprechern der vier Parlamentsparteien.

Zusagen gebe es allerdings nur von Rektoren-Chef Georg Winckler, den Wissenschaftssprechern von SPÖ und Grünen sowie der Vorsitzenden der Hochschullehrer-Gewerkschaft, Andrea Kdolsky.
Grüne wollen Rücknahme des Initiativantrags
Zum Zurückziehen des Initiativantrags zur Reform des Hochschülerschaftsgesetzes (HSG) fordert der Grüne Bundessprecher Alexander Van der Bellen die Regierungsfraktionen auf. Die Regierung habe "offenkundig ein Problem mit Institutionen, die unabhängig sind", kritisierte Van der Bellen in einer Aussendung am Freitag.

Ähnlich argumentierte SPÖ-Wissenschaftssprecher Josef Broukal: Die ÖVP greife "in ihrer hochschulpolitischen Konzeptlosigkeit zu Besorgnis erregenden Mitteln. Um kritische Stimmen mundtot zu machen, wird versucht, demokratische Entscheidungsprozesse zu beschränken", so Broukal in einer Aussendung.

[science.ORF.at/APA, 12.11.04]
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01.01.2010