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Salzburg: Neues Zentrum jüdischer Kulturgeschichte  
  Beheimatung und Fremdheitserfahrung: Das ist das gemeinsame Thema, dem sich Forscher verschiedener Disziplinen im neuen Zentrum für jüdische Kulturgeschichte der Uni Salzburg widmen.  
Offiziell eröffnet wird das in der Salzburger Residenz untergebrachte Zentrum für jüdische Kulturgeschichte am kommenden Mittwoch (17. November).

Nach der Vorstellung des Zentrums wird der in Paris lebende Schriftsteller Peter Stephan Jungk einen Festvortrag zum Thema "Zu Hause in meiner Fremde" halten.
Wahlfach "Jüdische Studien" wird Bakkalaureat
Die Idee zur Schaffung eines Zentrums an der Universität Salzburg entstand dadurch, dass es eine Reihe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gab, die sich in ihrer Arbeit mit dem Judentum auseinander setzen. Seit 1998 gibt es ein Wahlfach "Jüdische Studien". Dieses soll zu einem Bakkalaureats-Studium ausgebaut werden.

In dem neuen Zentrum arbeiten unter anderem Theologen, Germanisten, Historiker und Juristen zusammen. Ziel war es, die Kompetenzen zu bündeln und ein internationales Netzwerk für einzelne Projekte aufzubauen.
Grundlagenforschung für die europäische Politik
Man wolle unter dem Überthema "Beheimatung und Fremdheitserfahrung" unter anderem untersuchen, wie Minderheiten in einer Mehrheitsgesellschaft ihre Identität wahren, welche Faktoren dazu führen, dass das Zusammenleben gut geht und welche Faktoren zum Scheitern führen, erläuterte Gerhard Bodendorfer, Leiter des Zentrums für jüdische Kulturgeschichte, im Gespräch mit der APA. Ziel sei es, Grundlagenforschung für die europäische Politik zu betreiben.
Wie Minderheiten in Mehrheitskulturen leben
So wird an einem Projekt "Diaspora - Das Judentum als Paradigma für ein zusammenwachsendes Europa" mit Partneruniversitäten in ganz Europa gearbeitet, erläuterte Bodendorfer.

Dabei wolle man dem Leben von Minderheiten in Mehrheitskulturen nachspüren, sich mit Fragen der Migration beschäftigen, dem Wechselspiel von Anpassung und Wahrung von Identität widmen und gegenseitige Beeinflussungen untersuchen. Das Projekt sei von der Europäischen Union positiv evaluiert worden, sagte Bodendorfer.
Themen: Oral History zum Holocaust ...
Ein Schwerpunkt der Tätigkeit des Zentrums ist die Sammlung und Aufzeichnung von Berichten von Überlebenden des Holocaust. Der Historiker Albert Lichtblau, stellvertretender Leiter des Zentrums, widmet sich stark dem Bereich oral history.

In Salzburg wird ein Archiv mit Interviews und Lebensgeschichten aufgebaut und bearbeitet werden.
... Mittelalter, neuer Antisemitsmus
Die Historikerin Helga Embacher beschäftigt sich mit den Ursachen und Hintergründen für neuen Antisemitismus in Europa. Frankreich, Großbritannien, Deutschland und Österreich bilden dabei den Fokus der Arbeit.

Jüdisch-christliche Interaktion und Diaspora- bzw. Exilerfahrungen in mittelalterlichen Chroniken sowie Exil und Diaspora in jiddischen Ritterromanen der italienischen Renaissance sind das Forschungsgebiet der Germanistin Maria Dorninger, die ebenfalls am Zentrum arbeitet.

Die Salzburger Forscher wollen sich auch stark mit Osteuropa auseinander setzen. Dort gebe es noch viel Material in Archiven, das nicht aufgearbeitet sei, weiß Bodendorfer.
Budget: Uni Salzburg und Drittmittel
Die Universität Salzburg stellt für das neue Zentrum die Räumlichkeiten sowie das Personal. Viele Forschungsprojekte werden über von Sponsoren zur Verfügung gestellte Drittmittel finanziert, berichtete Bodendorfer. Unter anderem wurde ein Freundeskreis des Zentrums für jüdische Kulturgeschichte ins Leben gerufen.

[science.ORF.at/APA, 15.11.04]
->   Zentrum für Jüdische Kulturgeschichte
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01.01.2010