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13 Millionen Jahre alter Menschen-Vorläufer entdeckt  
  In Spanien wurde ein rund 13 Millionen Jahre altes, menschenähnliches Fossil gefunden. Damit sind die Paläontologen auf der Suche nach einem gemeinsamen Vorfahren von Menschen und Menschenaffen vielleicht wieder einen Schritt weiter gekommen. Das Skelett des "Pierolapithecus catalaunicus" ähnelt dem Menschen im Knochenbau jedenfalls mehr als die heutigen Primaten.  
Ob es sich um das bisher unentdeckte Verbindungsglied zwischen Menschen und Affen handelt, darauf wollen sich Salvador Moya-Sola und seine Kollegen vom Miguel-Crusafont-Institut für Paläontologie in Barcelona noch nicht festlegen.
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Der Artikel "Pierolapithecus catalaunicus,a New Middle Miocene Great Ape from Spain" von Salvador Moya-Sola, Meike Köhler, David M. Alba, Isaac Casanovas-Vilar und Jordi Galindo ist in "Science" (Band 306, S. 1339-1344; Ausgabe 19. November 2004) erschienen.
->   "Science"
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Lebensdaten des Fossils passen in die Lücke
Bild: Science
Das etwa 13 Millionen Jahre alte Skelett passt den Paläontologen genau ins Bild. Der Affe, dessen Überreste in der Nähe von Barcelona zufällig von einer Planierraupe gefunden wurden, lebte demnach im mittleren Miozän.

Das Miozön ist eine Zeitspanne vor 16 bis 11 Millionen Jahren, in der der Bruch zwischen der Gruppe aus Menschen und "höheren" Affen (Orang Utans, Schimpansen und Gorillas) einerseits und den "niederen" Affen wie Gibbons eingetreten sein muss.

Entscheidend ist aber vor allem, dass sein Schädel und Skelett weiter ausgebildet sind als die aller bislang gefundenen Fossilien.
Menschenähnlicher Körperbau
Bild: AAAS/Science/Illustration von Todd Marshall
83 Knochenteile wurden bisher zusammengefügt. Dem Knochenbau des vermutlich erwachsenen männlichen Affen zufolge handelte es sich um einen flinken und geschickten Kletterer, dessen Gang jedoch weitaus aufrechter war als der eines Schimpansen. Dies verrät die Struktur des Brustkorbs und der Schulterblätter.

So ist der Brustkorb weiter und flacher als der aller anderen Affen vor ihm. Der Pierolapithecus hat relativ kurze und steife Lendenwirbel, gerade Schulterblätter und ein flexibleres Handgelenk. Diese Merkmale deuten auf einen aufrechten Gang hin und die Fähigkeit, auf Bäume zu klettern.

Auch der Schädel rückt das spanische Fossil näher an den Menschen und andere Primaten. Sein Gesicht war vergleichsweise kurz und hatte die Nasenwurzel auf gleicher Ebene mit den Augen.
Wahrscheinlich aus Afrika eingewandert
Bild: Meike Köhler
Andere Merkmale wie die abgeschrägte Gesichtsform sowie kurze Finger und Zehen dagegen waren noch eher primitiv und lassen seine Herkunft erkennen. Das Forscherteam glaubt, dass der nach einem Dorf in der Nähe seines Katalanischen Fundorts benannte Vertreter einmal aus Afrika nach Eurasien eingewandert war.

Mit dem Hinweis auf die Einwanderung versuchen die spanischen Paläontologen auch der Kontroverse um die "Wiege der Menschheit" auszuweichen. Bisher ging man davon aus, dass sie in Afrika zu finden sei.

Für eine endgültige These seien noch viel zu wenige Fossilien gefunden worden, meinen Salvador Moya-Sola und seine Kollegen in "Science".
Zurückhaltung bei "Missing-Link"-Frage
Auch auf die Frage, ob der Affe tatsächlich das viel zitierte "Missing Link" zwischen Affen und Menschen sei, geben sich die Forscher zurückhaltend.

Laut dpa meinen sie, dass es sich bei dem Fund jedoch mit größter Wahrscheinlichkeit um einen sehr engen Verwandten der jeweiligen Spezies handele.
Kritische und begeisterte Stimmen aus der Paläontologie
Die Fachwelt zeigt sich angesichts des Fundes gespalten: David Strait, Paläontologe an der Universität von Albany im US-Bundesstaat New York, ist generell skeptisch. Es sei sehr schwer, von den Knochen eines Fossils Verwandtschaften abzuleiten, gab er zu bedenken.

Clarke Howell von der Berkeley-Universität in Kalifornien ist indessen begeistert über den neuen Fund. Er zeige, dass es seinerzeit offenbar eine große Vielfalt von menschenähnlichen Lebewesen gegeben habe - auch im heutigen Europa.

[science.ORF.at/APA/dpa, 18.11.04]
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01.01.2010