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"Brights": Neue Aufklärer gegen Irrationalität  
  Eine der gesellschaftlichen Gruppen, auf die sich George Bush bei seiner Wiederwahl zum US-Präsidenten Anfang November besonders verlassen konnte, waren die Anhänger verschiedener christlicher Religionen. Dass sie in Politik und Alltag immer mehr an Einfluss gewinnen, hat eine Gruppe von neuen Aufklärern auf den Plan gerufen. Unter dem Titel "die Hellen" wollen sie streng naturwissenschaftlich Licht ins geistige Dunkel bringen.  
Die Grundsätze der "Brights": Sie haben eine naturalistische Weltsicht, die ihre Ethik und ihr Handeln leitet. Und sie lehnen übernatürliche und mystische Erklärungen in jeder Form ab.

Wie es die "Süddeutsche Zeitung" am Dienstag bezeichnet hat, wollen die "Brights die Welt zur Wissenschaft erwecken". Zu ihnen gehören so prominente Wissenschaftler wie der Evolutionsbiologe Richard Dawkins von der Universität Oxford oder der Philosoph Daniel Dennet von der Tufts University.
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Der Artikel "Sei helle, denke positiv" von Thomas Thiel ist am 30. November 2004 in der "SZ" erschienen.
->   "Süddeutsche Zeitung"
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Wissenschaft gegen Dunkel und Dünkel
Schon die historische Aufklärung heißt auf Englisch "enlightenment" - und verweist auf das Licht, das die Wissenschaft ins Dunkel der Religion, überlieferter Vorurteile oder - wahlweise - des Mittelalters gebracht hat.

Dass Forschungsstreben und Geist der Erfinder und Erfinderinnen die Welt in den vergangenen 500 Jahren ziemlich revolutioniert hat, ist die eine Seite.

Die andere ist, dass sich die geistigen Grundlagen dafür - nennen wir es: ein naturwissenschaftliches Weltbild - dennoch nicht flächendeckend durchgesetzt haben.
Web-Plattform der "Brights"
Im Gegenteil, mythische, esoterische und auch religiöse Erklärungen erleben neue Höhenflüge - auch und gerade in den USA.

Und das ist genau der Punkt, an dem die "Hellen" ansetzen. Um gegen den lauter werdenden Irrationalismus anzukämpfen und für ihre "naturalistische Weltsicht" einzutreten, haben sie sich zusammen geschlossen - auf einer Web-Plattform.

Ihre mittlerweile rund 15.000 Vertreter bezeichnen sich zum größten Teil als Atheisten und Agnostiker.
->   The Bright's Net
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Atheisten: 93 Prozent der US-Top-Forscher
Prominenter Fürstreiter der Sache ist der Evolutionstheoretiker Richard Dawkins: In einem Beitrag für den britischen "Guardian" schrieb er 2003, dass sich die Aufklärer in guter Gesellschaft befinden. 93 Prozent aller Mitglieder der amerikanischen "National Academy of Sciences" würden sich als Atheisten bezeichnen.
->   Richard Dawkins: The future looks bright ("Guardian")
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Achtung vor den Worten
Trotz ihrer betont naturwissenschaftlichen Ausrichtung betonen die "Brights", dass auch Worte die Realität beeinflussen. Und das ist auch Anlass zu konkreten Verhaltensweisen.

Adjektivisch sollen sich die "Hellen" in Diskussionen nämlich nicht bezeichnen - das könnte leicht als arrogantes Verhalten gegenüber den "Nicht-Hellen" (also den im Dunklen der Aufklärung stehenden) verstanden werden, steht es auf der Homepage.
Vorbild Schwule: Umcodieren eines Worts
Besser als das Eigenschaftswort - das auch für "freundlich" und "heiter" steht - erscheint den Verantwortlichen das Hauptwort: die "Hellen" als eine neue Trademark für die alten Werte der Wissenschaft.

Und dabei möchte man sich ein Stück von der Emanzipationsbewegung der Homosexuellen abschauen: Deren Umcodierung eines vormals abwertenden Begriffs ("schwul" bzw. "gay") könne als Vorbild gelten für die "Brights".

Aus dem für viele negativ besetzten "Atheismus" könnte einmal ein positiver Begriff werden.
Hoffen auf die Meme
Die Hoffnung der "Brights": Gemäß der Meme-Theorie - der zu Folge sich Ideen in sozialen Gruppen ähnlich ausbreiten wie Gene in der belebten Natur - möge auch das Konzept der "Brights" in der Welt immer größeren Anklang finden. Eine naturalistische Weltschau, ohne Religion, Esoterik und Irrationalismen.

Lukas Wieselberg, science.ORF.at, 1.12.04
->   Daniel Dennet: The Bright Stuff ("NY Times")
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   "Intelligent Design" - Wissenschaft oder Ideologie? (13.9.04)
->   Wer drückt der Wissenschaft seinen Stempel auf? (13.1.04)
->   Die "wichtigsten Zukunftsfragen der Wissenschaft" (20.1.03)
 
 
 
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01.01.2010