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Forderung: Plötzlichen Herztod genau untersuchen  
  Man liest es immer wieder in den Chronikmeldungen: Aus scheinbar heiterem Himmeln sterben erwachsene Menschen, die weder krank waren noch besonders ungesund gelebt haben. Herzversagen aus unbekannten Gründen wird in solchen Fällen meist diagnostiziert und die Vorfälle damit abgehakt. Britische Mediziner fordern aber, dem "Sudden Adult Death Syndrome" die gleiche Aufmerksamkeit zu widmen wie dem "Plötzlichen Kindstod".  
Informationen für Prävention benötigt
Ihre Hypothese: Der plötzliche Herztod bei Erwachsenen werde so schnell "ad acta" gelegt, dass mögliche Erkenntnisse über erbliche Vorbelastungen oder eine eventuelle Krankengeschichte des Verstorbenen nicht erhoben werden.

Daraus könnten aber medizinisch relevante Informationen abgeleitet werden, die eventuell zu ähnlichen Erfolgen wie bei der Prävention des "Plötzlichen Kindstods" führen könnten.

Dafür müssten zumindest für einzelne Länder, noch besser aber für die Europäische Union einheitliche Kriterien geschaffen werden, nach denen der plötzliche Herztod von Erwachsenen erfasst und ausgewertet wird.
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Aktueller Artikel
Der aktuelle "New Scientist" widmet dem "Sudden Adult Death Syndrome" einen ausführlichen Beitrag. Der Autor Duncan Graham-Rowe weist unter anderem darauf hin, dass im Jahr 2002 in Großbritannien 934 Fälle von unerklärlichem Herztod bei Erwachsenen im Sterberegister verzeichnet wurden. Zu einem "Plötzlichen Kindstod" kam es 137 Mal.
->   "New Scientist"
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Plötzlicher Kindstod: Zahlen gesunken
Das "Sudden Infant Death Syndrome" wurde in den 1970er Jahren offiziell als Krankheit anerkannt. Es gilt als plötzliches Versterben von Kleinkindern unter zwölf Monaten.

Aus einer Reihe von klinischen und epidemiologischen Studien wurden dann Empfehlungen für Eltern von Säuglingen abgeleitet. So sollten sie darauf achten, dass ihre Kinder eher am Rücken als am Bauch schlafen und von der Belastung durch Zigarettenrauch ferngehalten werden. Außerdem sollte auf eine Luft durchlässige Matratze und die richtige Raumtemperatur von rund 18 Grad geachtet werden.
Todesfälle durch Aufklärung zurückgegangen
In manchen Ländern wie Großbritannien und den Niederlanden wurden die Empfehlungen sogar als Werbespots via Fernsehen ausgestrahlt, wodurch die Todeszahlen merklich gesunken sind.

In Großbritannien konnte die Rate 1991, als die Empfehlungen erstmals veröffentlicht wurden, halbiert werden. Auch für Österreich konnten ähnliche Erfolge vermeldet werden (siehe Links am Ende des Artikels).
Genaue Untersuchung auch bei Erwachsenen nötig
Auf einen ähnlichen Effekt hoffen britische Mediziner beim "Plötzlichen Erwachsenentod", allerdings müsste er dazu auch unter diesem Titel festgehalten werden.

Die auf Herz und Lunge spezialisierte Pathologin Mary Sheppard vom Londoner Royal Brompton Hospital beschreibt gegenüber dem "New Scientist", dass Pathologen oft nicht den Mut hätten, ihre Ratlosigkeit einzugestehen.

Zu häufig werde auf diffuses Herzversagen, Epilepsie oder einen schwer wiegenden allergischen Schock getippt - und damit eine genauere Analyse etwa der Krankheitsgeschichte oder einer möglichen erblichen Vorbelastung unterbunden.
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WHO-Krankheits-Register
Viele Experten fordern eine Klassifizierung des "Sudden Adult Death Syndrome" im offiziellen Krankheitsregister der World Health Organisation (WHO). Derzeit können dort plötzliche Todesfälle unter Erwachsenen unter drei Titeln erfasst werden: "sofortiger Tod", "anderer plötzliche Tod, Grund unbekannt" oder "andere krankheitsbedingte und nicht spezifizierte Todesfälle".

Die Zuweisung aller Fälle zu einem definierten Krankheitsbild könnte Rückschlüsse auf die wahren Ausmaße des Syndroms sowie die geografische Verteilung ermöglichen.
->   WHO International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems
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Keine Spuren: Schwierige Diagnose
Die Ursachen eines "Plötzlichen Herztods" sind schwierig auszumachen: Oft ist der Tod nur der Höhepunkt von immer wieder auftretenden Rhythmusstörungen. Sie werden durch ungewöhnliche elektrische Spannungszustände im Herzen ausgelöst und sind nach Eintritt des Todes logischerweise verschwunden.

Epilepsie kann zwar auch nach dem Tod diagnostiziert werden, wird aber oft mit anderen Herzerkrankungen verwechselt. Allergische Schocks wiederum müssten durch eine genaue Blutanalyse des Toten nachgewiesen werden.
Nicht nur auf Fremdverschulden prüfen
Zu einer detaillierten Untersuchung kommt es meist aber gar. Denn von rechtlicher Seite wird nur verlangt, dass Fremdverschulden bei unerwarteten Todesfällen ausgeschlossen werden muss. Genauere Analysen sind weder gefragt noch werden sie bezahlt.

Sollte es tatsächlich zu einer genaueren Erfassung der ungeklärten Fälle kommen, erhoffen sich Mediziner nicht nur, die Risikogruppe eingrenzen und eventuelle Präventionsmaßnahmen empfehlen zu können. Darüber hinaus, so meinen sie, würde es auch Angehörigen helfen, genaueres über die Todesursache zu erfahren.

Elke Ziegler, science.ORF.at, 3.12.04
->   Sudden Adult Death Trust
Mehr über den "Plötzlichen Kindstod" in science.ORF.at
->   Online-Projekt mit Infos zum Plötzlichen Kindstod (21.11.02)
->   Plötzlicher Kindstod auf dem Rückzug (20.11.01)
 
 
 
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01.01.2010