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Trend zu großen Forschungszentren  
  Forschung in den Lebenswissenschaften wird heutzutage v.a. in großen, multidisziplinären Zentren betrieben. Diese Großlabors brauchen viel Geld und Fördermittel, um ihr Ziel - die Vernetzung von Biologen und Vertretern anderer Disziplinen für besseren Fortschritt - voranzutreiben. Geld, das anderswo fehlen könnte, fürchten nun Forscher: etwa bei der Förderung von Jungwissenschaftlern oder in weniger anwendungsorientierten Bereichen.  
Wie ein aktueller Bericht in "Nature" zeigt, gibt es besonders in den USA mittlerweile eine Reihe von Forschern, die wegen dieses Trends beunruhigt sind. In Europa sieht die Situation derweil aufgrund der zersplitterten Förderlandschaft anders aus.
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Der Artikel "David versus Goliath" ist in "Nature" (Bd. 432, S. 546, Ausgabe vom 2. Dezember 2004) erschienen.
->   "Nature"
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Entwicklung nach Humangenom-Entzifferung
Zu einem richtigen Trend in Richtung Großforschung ist es u.a. durch den Erfolg des Human Genome Projects gekommen, das 2001 die erste Entzifferung des menschlichen Genoms publizierte.

Dies habe das Wachstum großer Sequenzier-Zentren wie dem Wellcome Trust Sanger Institute in Großbritannien oder dem Riken Genomics Sciences Center in Japan beschleunigt, schreibt die Wissenschaftsautorin Erika Check in "Nature".
Verdoppelung des Bio-Budgets in sechs Jahren
Grafik: Nature
Wegen ihrer Finanzsituation können sich die US-Lebenswissenschaften prinzipiell nicht beklagen. Gegenüber 1998 hat sich das Budget der National Institutes of Health (NIH) verdoppelt - von rund 14 Milliarden auf geschätzte 30 Milliarden heuer (siehe Grafik rechts).

Zur gleichen Zeit ist die Anzahl von Forschern, die sich erfolgreich um eine individuelle Förderung bemüht haben, aber von 31 Prozent auf 27 Prozent geschrumpft - besonders betroffen davon waren junge Wissenschaftler, die sich ein eigenes Labor einrichten wollten.
Forschungszentren eher gefördert als Einzelne
Während die Ausgaben für transdisziplinäre Forschungszentren in dem Zeitraum um 131 Prozent gestiegen sind, war das bei persönlichen Fördermaßnahmen "nur" um 97 Prozent der Fall.

Und: Auch die Bewertungskriterien zur Erlangung eines Stipendiums sind schwieriger geworden, während Zentren nach wie vor nach den gleichen Maßstäben bewertet werden.

All dies hält Erika Check, die Autorin des "Nature"-Artikels, für Zeichen in Richtung einer Verschiebung der Fördermittel von den kleineren zu den größeren Forschungseinrichtungen.
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Kulturelle Diversität der Labors
Ebenfalls diese Woche erschienen ist ein Artikel zum Thema "Kulturelle Diversität in Forschungslabors". In der Zeitschrift "The Scientist" werden die Vorteile der Vielfalt von Ethnien und einem höheren Frauenanteil in Forschungsreinrichtungen beschrieben - und das Vorzeigebeispiel der Abbott-Laboratories porträtiert
->   Der Artikel in "The Scientist" (Gratis-Registrierung nötig)
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Andere Situation in Europa
Die Situation in Europa ist eine andere: Trotz aller EU-Rahmenprogramme für Forschung und Technologieentwicklung sind die Förderinstrumente hier nach wie vor zersplittert.

Im Gegensatz zu den USA, wo mit den NIH die größte Agentur für Lebenswissenschaften weltweit Fördersummen bereitstellt, gibt es hier sowohl internationale als auch nationale Förderinstitutionen.
Comeback der klassischen Forschung
Laut "Nature" seien in Europa andere Trends zu beobachten. Zahlreiche Förderinstitutionen vertreten hier - wieder - ein Zurück zum Prinzip der Kleinheit - oft verbunden mit einer Kürzung der Mittel.

Hans Lehrach vom Max Planck Institut für Molekulare Genetik in Berlin bedauert diesen Trend. "Die Investitionen in Großprojekte werden weniger, das meiste Geld wird wieder für klassische Forschung ausgegeben", wird er in "Nature" zitiert.
China plant Megaprojekte
In China wiederum gibt es gegenteilige Probleme: Hier wurden erst im Vorjahr erst eine Reihe von Megaprojekten angekündigt, die in den nächsten 15 bis 20 Jahren Milliarden von Dollar kosten sollen.

Eine Reihe von Wissenschaftlern habe gegen diese Forschungspolitik - sozusagen analog zum Staudammbau - protestiert. Nicht zuletzt wegen der starken Verknüpfung von Politik und Wissenschaft, die bei kleineren Projekten zu weniger schwer wiegenden Auswirkungen führen würde.
Team Spirit wichtiger als Größenfrage
Worin sich die von "Nature" befragten Wissenschaftler einig sind: Weniger auf die tatsächliche Größe der Forschungseinrichtungen komme es bei wissenschaftlichem Fortschritt an, sondern auf den "Team Spirit".

Also auf die Neugier auf andere oder benachbarte Disziplinen und die Bereitschaft zur Kooperation - gleichgültig ob im großen Forschungszentrum oder dezentral in Netzwerken.

[science.ORF.at, 3.12.04]
->   National Institutes of Health
->   Cordis: EU-Research and Development
->   Wellcome Trust Sanger Institute
->   Riken Genomics Sciences Center
Mehr zum Thema in science.ORF.at:
->   Rangliste der besten 500 Universitäten veröffentlicht (31.8.04)
->   Die wissenschaftliche Produktivität der Nationen (16.7.04)
->   Tempel für die Wissenschaft (4.8.03)
 
 
 
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01.01.2010