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Erbgut des Huhns soll Humangenetik helfen  
  Mensch und Huhn haben wenig gemeinsam. Das stimmt auch aus Sicht der Molekularbiologen. Ein internationales Forscherteam hat erstmals das Erbgut von Hühnern analysiert und die großen Unterschiede auch im kleinen Maßstab nachgewiesen. Die vergleichsweise wenigen Übereinstimmungen im Erbgut sind aber umso wichtiger: Sie versprechen neue Einsichten in die Entstehung von Krankheiten und mögliche Therapien.  
Ein Forscherkonsortium unter Leitung von Richard Wilson vom Genome Sequencing Center der Washington University hat rund eine Milliarde Basenpaare im Genom des so genannten Bankivahuhns (Gallus gallus) - des Vorfahren und wilden Verwandten des Haushuhns - sequenziert.
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Zur Huhn-Sequenzierung sind in "Nature" vom 9. Dezember 2004 drei Studien erschienen: "Sequence and comparative analysis of the chicken genome provide unique perspectives on vertebrate evolution (Bd. 432, S. 695), "A genetic variation map for chicken with 2.8 million single-nucleotide polymorphisms (S. 717) und "A physical map of the chicken genom" (S. 761).
->   Frei zugänglicher Hühner-Schwerpunkt in "Nature"
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"Nr. 256" ist bereits sieben Jahre alt
Bild: Nature
"Nature"-Cover der Woche
Das untersuchte Huhn von der Michigan State Universität hat ein für Kollegen fortgeschrittenes Alter erreicht: Es ist bereits sieben Jahr alt - und trägt den wenig poetischen Namen "Nr. 256".

Schon im März 2004 berichtete das "National Human Genome Research Institute" (NHGRI) von der ersten Sequenzierung seines Genoms. Damit war erstmals ein Vogel-Erbgut entziffert worden.

Die nun veröffentlichten Analysen versprechen aber weiter reichende Einsichten - von denen die Landwirtschaft wie die Medizin profitieren sollen.
->   Weißpapier zur Huhn-Sequenzierung (pdf-Datei, März 2004)
Gleich viele Gene, ...
Das Genom des Huhns unterscheidet sich laut den Forschern deutlich vom Erbgut von Säugetieren. Zwar besteht es etwa aus gleich viel Genen wie das menschliche Erbgut: Während die Forscher beim Huhn von 20.000 bis 23.000 Genen ausgehen, wird beim Menschen nach den jüngsten Erkenntnissen von 20.000 bis 25.000 Genen ausgegangen.
... aber nur ein Drittel der Basenpaare
Mit seiner Milliarde Bausteine umfasst es z.B. aber nur ein Drittel des Umfangs des Menschengenoms (rund 2,8 Mrd. Basenpaare). Der Grund dafür liegt in einer im Vergleich geringeren Anzahl von Gensequenz-Wiederholungen und so genannter Junk-DNA.
Charakteristische Mikro-Chromosome
Zudem verfügt das Huhn-Genom über 38 Nicht-Geschlechts-Chromosomen (Autosomen) und ein Paar Geschlechtschromosomen. Die Autosomen unterscheiden sich stark in ihrer Größe und werden von den Forschern in Makro- und Mikro-Chromosomen (fünf bis 20 Mio. Basenpaare) unterteilt.

Diese kleinen Chromosomen sind bei Säugetieren nicht üblich, kommen bei Reptilien oder Vögeln aber häufig vor.
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Eigene Entwicklung seit 310 Mio. Jahren
Wie alle Vögel dürften auch die Hühner Nachfahren der Dinosaurier sein. Sie haben vor mindestens 310 Millionen Jahren begonnen, sich unabhängig von den Säugetieren zu entwickeln. Hühner wurden erstmals in Asien domestiziert - Gallus Gallus stammt auch aus Asien - möglicherweise bereits vor 10.000 Jahren.
->   Verwandtschaft des Huhns (Wikipedia)
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In Zukunft bessere Zuchterfolge und Eierquoten?
In einer zweiten Studie wurden die Nukleotide von dem wilden Urhuhn und drei Linien des Haushuhns miteinander verglichen. Diese Strategie der "comparative genomics" versucht Gene und Gen-Variationen zu finden, die für bestimmte Eigenschaften verantwortlich sind - im Fall des Huhns sind das v.a. solche, die bessere Zuchterfolge und höhere Eierquoten versprechen.
Weniger, aber bedeutender Ähnlichkeit mit Menschen
Und durch den Vergleich mit der menschlichen DNA soll es auch in der Medizin zu neuen Erkenntnissen kommen. Nachdem der gemeinsame Vorfahre von Mensch und Huhn vor rund 310 Millionen Jahren lebte, schreiben die Forscher, dass nur noch relativ wenige DNA-Sequenzen übrig sind (2,5 Prozent), die sich beide Arten teilen.

Im Gegensatz etwa zum schon länger entzifferten und ähnlicheren Erbgut der Maus: denn hier liegt der gemeinsame Vorfahre "erst" 75 Millionen Jahre zurück.

Durch diese zwar geringere, dafür aber bedeutendere Ähnlichkeit mit dem Huhn könne man sich nun auf weniger DNA-Abschnitte bei der Suche nach Krankheitsauslösern konzentrieren.
Modellorganismus der Embryonalentwicklung
Zudem gelten Hühner Entwicklungsbiologen als Modell für embryonales Wachstum, weshalb auch hier neue Erkenntnisse erhofft werden.

[science.ORF.at, 9.12.04]
->   Chicken Genome Resources
->   Washington University Genome Sequencing Center
->   "National Human Genome Research Institute" (NHGRI)
Aktuelles zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Erbgut von Ur-Säuger rekonstruiert (2.12.04)
->   Erbgut des kleinsten Wirbeltiers entziffert (21.10.04)
->   Das Erbgut der Kuh ist entziffert (7.10.04)
->   Erste Genbank für aussterbende Tierarten (27.7.04)
 
 
 
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01.01.2010