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Gewaltlosigkeit kann erlernt werden  
  Kinder können mit den eigenen Aggressionen umgehen lernen. Das bestätigt die erste Evaluierungsstudie des deutschen Lernprogramms "Faustlos". In dessen Rahmen erfahren Kindergarten-Kinder, wie Probleme und Ängste emotional zu bewältigen sind. Wird "Faustlosigkeit" zwölf Monate lang gelehrt, nimmt Aggressivität ab, die sozial-emotionale Kompetenz der Kinder hingegen steigt.  
Die positiven Verhaltensänderungen, die im Kindergarten nach zwölf Monaten beobachtet wurden, haben allerdings noch keine Auswirkungen auf das Verhalten in der Familie, betonten die Studienautoren von der Universitätsklinik in Heidelberg. Dafür müssten die erlernten Kompetenzen weiter gefestigt sowie die Eltern in das Programm einbezogen werden.

Dennoch zeigt das deutsche Beispiel, dass der auch in Kindergärten steigenden Tendenz zur Gewalt erfolgreich entgegen gewirkt werden kann.
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600 deutsche Kindergärten mit "Faustlos"
Das sozial-emotionale Lernprogramm "Faustlos" wurde nach dem Vorbild des amerikanischen Programms "Second Step" an der Abteilung für Psychosomatische Kooperationsforschung und Familientherapie des Universitätsklinikums Heidelberg entwickelt und wird nun vom Heidelberger Präventionszentrum angewandt. In 28 Lektionen werden emotionale und soziale Kompetenzen spielerisch vermittelt.

"Faustlos" wird mittlerweile in rund 600 Kindergärten in ganz Deutschland eingesetzt. Zu einer zweiten Version für Grundschüler mit 51 Lektionen liegen bereits positive Testergebnisse vor.
->   Website von "Faustlos"
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Über Rollenspiele und Handpuppen Mitgefühl lernen
Mitgefühl sowie der Umgang mit Ärger und Wut stehen im Mittelpunkt des Programms "Faustlos".

Um die nicht immer einfachen Inhalte kleinen Kindern zu vermitteln, werden Fotokartons eingesetzt, die Kinder in verschiedenen sozialen Situationen zeigen. Die Geschichten werden diskutiert und mit Rollenspielen vertieft. Darüber hinaus helfen zwei Handpuppen bei der Kommunikation: Der Hund "Wilder Willi" und die Schnecke "Ruhiger Schneck" spielen den Kindern vertraute Szenen vor.
Verhalten vor und nach Programm analysiert
An der nun präsentierten Evaluationsstudie nahmen 14 Kindergärten teil. In sieben wurde das Programm für zwölf Monate eingesetzt, sieben Kindergärten blieben ohne die spezifische Betreuung.

Vor Beginn der Lektionen wurden die Fähigkeiten aller Kinder untersucht, mit Problemen und Ärger umzugehen. Beispielsweise wurden sie aufgefordert, Geschichten zu Ende zu erzählen, außerdem beschrieben Eltern und Erzieherinnen das Verhalten der Kinder. Zusätzlich wurden soziodemographische Daten der Familien erhoben. Nach Abschluss der Lektionen wurden die Tests und Befragungen wiederholt.
Gefühle besser erkennen und Konfliktlösungen finden
Die Evaluatoren stellten fest, dass "Faustlos"-Kinder die Gefühle anderer Menschen eher erkennen und differenzierter beschreiben sowie mehr Lösungsmöglichkeiten für zwischenmenschliche Probleme entwickeln konnten.

Sie reagieren in Konfliktsituationen häufiger sozial und sahen negative Konsequenzen von aggressivem Verhalten eher voraus. Darüber hinaus verfügten sie über ein größeres Repertoire an Beruhigungstechniken.

Die positiven Verhaltensänderungen wurden von den Erzieherinnen im Kindergarten, jedoch nicht von den Eltern zu Hause beobachtet.
Gewaltprävention erlernbar
Die Pädagogen ziehen aus diesen Studienergebnissen den Schluss, dass Kompetenzen zur Gewaltprävention erlernt werden können.

Damit die Kindern aber auch außerhalb des Kindergartens besser mit Aggressionen umgehen können, müsste das Erlernte noch weiter gefestigt und auch die Eltern einbezogen werden.

[science.ORF.at/idw, 9.12.04]
->   Universitätsklinikum Heidelberg
->   Kinder- und Jugendanwaltschaft
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01.01.2010