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Software analysiert wissenschaftliche Danksagungen  
  Will man den Einfluss messen, den ein Forscher auf die "Scientific Community" ausübt, gab es bisher die klassische Methode: Mit dem wissenschaftlichen Zitationsindex, kann man herausfinden, welcher Forscher wie oft von anderen zitiert wurde. US-amerikanischen Computerwissenschaftlern ist das zu wenig: Sie haben eine Software entwickelt, mit der man Danksagungen erfassen kann, und ein Ranking der am öftesten bedankten Organisationen, Unternehmen und Personen erstellt.  
Ergänzung zum Zitationsindex
Lee Giles und Isaac Councill von der School of Information Sciences and Technology der Pennsylvania State University möchten mit ihrem Ansatz der Danksagungs-Analyse aber nicht dem etablierten Verfahren des Zitationsindex Konkurrenz machen, sondern sehen ihn als Ergänzung:

Damit könne man Rückschlüsse auf die Einbettung von Forschern in soziale Netzwerke sowie auf die Bedeutung von Förderstellen und Unternehmen ziehen.
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Die Studie "Who gets acknowledged: Measuring scientific contributions through automatic acknowledgement indexing" von C. Lee Giles und Isaac G. Councill wird zwischen 13. und 17. Dezember 2004 online in den "Proceedings of the National Academy of Sciences" veröffentlicht (DOI 10.1073 / PNAS 0407743101).
->   Link zum Paper (erst nach Veröffentlichung online)
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Danksagungen informeller als Zitate
Im Gegensatz zu Zitaten sind Danksagungen in der wissenschaftlichen Literatur bei Weitem nicht so standardisiert. Das geben auch die Computerwissenschaftler der Universität Pennsylvania zu.

Danksagungen beinhalten nur wenige allgemein übliche Phrasen wie etwa, dass man auf die Unterstützung einer Förderstelle oder eines Unternehmens hinweist. Ob und welchen Forschern ein Autor persönlich dankt, bleibt aber meist ihm überlassen.
Algorithmus für automatische Auslese
Um dieses bisher unbeobachtete Netzwerk persönlicher Verbundenheit zu erfassen, haben die US-Forscher einen Algorithmus entwickelt, der die betreffende Information automatisch aus den Papers lesen kann.

Insgesamt 335.000 Publikationen aus dem Bereich der Computerwissenschaft, die in einer Datenbank mit Namen "CiteSeer" zu finden sind, haben Lee Giles und Isaac Councill erfasst. Daraus erstellten sie ein Ranking jener Fördereinrichtungen, Unternehmen, Ausbildungsstätten und Einzelpersonen, denen - in den vornehmlich US-amerikanischen Papers - am meisten gedankt wird.
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Die Top 5 Fördereinrichtungen und Unternehmen
Fördereinrichtungen:
1. National Science Foundation (NSF)
2. Defense Advanced Research Projects Agency
3. Office of Naval Research
4. Deutsche Forschungsgemeinschaft
5. National Aeronautics and Space Administraion (NASA)

Unternehmen:
1. International Business Maschines (IBM)
2. Intel Corporation
3. Digital Equipement Corporation
4. Hewlett-Packard
5. Sun Microsystems
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Ungleiche Verteilung bei Zitaten und Danksagungen
Die Wissenschaftler konnten bei Zitaten und Danksagungen eine Parallele entdecken: Wenige Namen kommen oft vor, sehr viele werden nur selten erwähnt.

Die Konzentration der Danksagungen verläuft dabei in einer noch steileren Kurve als jene der Zitate. Giles und Councill erklären das damit, dass eher automatisch den großen Fördereinrichtungen gedankt werde.
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Die Top 5 Ausbildungsstätten und Forscher
Ausbildungsstätten:
1. Carnegie Mellon University
2. Massachusetts Institute of Technology (MIT)
3. California Institute of Technology
4. Santa Fe Institute
5. French National Institute for Research in Computer Science

Forscher:
1. Olivier Danvy
2. Oded Goldreich
3. Luca Cardelli
4. Tom Mitchell
5. Martin Abadi
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"Sieger" überrascht von großer Dankbarkeit
Oliver Danvy, dem laut Analyse am meisten Computerwissenschaftler in ihren Papers danken, zeigte sich gegenüber dem Online-News-Portal von "Nature" vom Ergebnis überrascht.

Der an der Universität Aarhus in Dänemark forschende Franzose glaubt, dass mehrere Umstände ihn auf den ersten Platz der Liste gehievt haben: Zum einen entwickelt er Programmiersprachen, die oft von anderen aufgegriffen würden.

Zum anderen arbeitet er stark interdisziplinär, reist viel zu Kongressen und ist in ein internationales Doktoratsprogramm involviert, in dessen Rahmen er häufig mit internationalen Gastvortragenden zu tun hat.
Informelle Kontakte ans Tageslicht holen
Die Analyse von Danksagungen könnte, so meinen die Studienautoren, genau diese Form des wissenschaftlichen Austausches ans Tageslicht holen: Soziale Kontakte, die nicht in Zitaten resultieren, sondern in informelleren Anstößen zu neuen Ansätzen.

Förderinstitutionen könnten von der Analysesoftware profitieren: Sie könnten verfolgen, wie oft ihre Mittel in welchen Feldern eingesetzt werden und wie sich soziale Netzwerke ausbreiten.
Studienautoren danken auch - NSF und Microsoft
Diese Hoffnungen hegen zumindest Lee Giles und Isaac Councill, die am Ende ihres Aufsatzes ebenfalls zwei "big players" in ihrer Analyse danken - der National Science Foundation und Microsoft, der Nummer 6 auf der Rangliste der meist bedankten Unternehmen.

Elke Ziegler, science.ORF.at, 14.12.04
->   School of Information Sciences and Technology (Universität Pennsylvania)
->   CiteSeer - Scientific Literature Digital Library
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01.01.2010