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Stammzellen: Heilmittel für Leberschäden?  
  Japanischen Forschern könnte ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Heilung von Leberschäden gelungen sein: Im Tierversuch zeigten sie, dass Stammzellen aus Knochenmark in die kranke Leber wandern und Schäden verringern. Fachkollegen bezweifeln aber, dass das Experiment auch an Menschen funktionieren würde.  
Isao Sakaida von der Yamaguchi Universität in Westjapan wendet sich mit seinen Forschungsergebnissen vor allem an Menschen, die an Leberzirrhose leiden.

Laut einem aktuellen Bericht im Magazin "New Scientist" könnten bisher als unheilbar geltende Leberschäden mit der neuen Methode rückgängig gemacht werden - sofern der Versuch nicht nur an Mäusen, sondern auch an Menschen funktioniert.
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Hauptursachen: Alkohol und Hepatitis
Unter Leberzirrhose oder "Schrumpfleber" versteht man eine nicht rückgängig zu machende Leberschädigung, die die Funktionsfähigkeit der Leber massiv einschränkt und teilweise zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen kann. Die häufigste Ursache für Leberzirrhose in den Industrieländern ist die Schädigung durch Alkohol, gefolgt von Hepatitiserkrankungen vom Typ B und C. Seltener bedingen erbliche Stoffwechsel- oder Autoimmunerkrankungen eine Schädigung der Leber.
->   Mehr über Leberzirrhose in Medicine Worldwide (deutsch)
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Massive Auswirkungen
Hepatits-Erkrankungen, die bereits die Leber geschädigt haben, zeigen massive Auswirkungen: So ergab eine jüngst in Österreich durchgeführte Studie, dass eine Hepatitis-C-Infektion die Lebenserwartung um 15 bis 18 Jahre reduziert.
Zersetzung rückgängig machen
Der Mediziner Isao Sakaida hofft, mit der Injektion von Stammzellen aus dem Knochenmark den Zersetzungsprozess der Leber nicht nur aufhalten, sondern sogar rückgängig machen zu können.

Im Versuch hat er Mäusen mit Leberfibrose, einem Vorstadium der Zirrhose, Stammzellen aus dem eigenen Knochenmark in die Schwanzvene injiziert. Nachdem die Zellen durch einen Marker sichtbar gemacht wurden, konnte Sakaida die Wanderung durch den Körper verfolgen.
Stammzellen verwandelten sich in Leberzellen
Nach acht Wochen sah Sakaida, dass der Großteil der Zellen in die geschädigte Leber gewandert waren. Der Anteil des geschädigten Lebergewebes war deutlich gesunken.

Der Grund: Die Stammzellen hatten sich in Leberzellen "verwandelt" und produzierten große Mengen eines Enzyms, das das geschädigte Gewebe wahrscheinlich auflöste.
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Die Studie "Transplantation of bone marrow cells reduces CCl4-induced liver fibrosis in mice" von Isao Sakaida und Kollegen wurde im Fachmagazin "Hepatology" (Band 40, S. 1304-1311) veröffentlicht.
->   Zum Original-Abstract
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Von Mäusen auf Menschen?
Isao Sakaida und sein Team glauben, dass die Methode auch bei Menschen funktionieren könnte. Um Abstoßungsreaktionen zu vermeiden, würden ihnen nur körpereigene Stammzellen injiziert.

Auch am Londoner Hammersmith Hospital traf der "New Scientist" auf ein Team, das Leberschäden durch Stammzellen-Injektion in die Pfortader heilen möchte, die das Blut aus den Verdauungsorganen sammelt und der Leber zuführt.
Hohes Risiko und ungeklärte Widersprüche
Beide Techniken seien aber mit hohen Risiken verbunden, warnen Fachkollegen. So könnten die Stammzellen sich auch in Narbengewebe verwandeln und die Zirrhose damit noch verschlimmern.

Darüber hinaus liegen auch komplett widersprüchliche Ergebnisse zur Forschungsarbeit der Japaner vor: So führte ein Team vom Salk Institute for Biological Studies im kalifornischen La Jolla schon im vergangenen Jahr einen mit dem nun veröffentlichen japanischen Experiment identischen Versuch durch. Im Gegensatz zu den Japanern konnte es aber keine Verbesserungen im Lebergewebe feststellen.

[science.ORF.at, 15.12.04]
->   New Scientist
->   Yamaguchi Universität
->   Mehr über Stammzellenforschung im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010