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Neue Wege der Zell-Kommunikation entdeckt  
  Proteine gelten als die biochemischen Alleskönner in der lebenden Zelle. Allerdings werden viele Proteine erst dann aktiv, wenn ihnen eine bestimmte chemische Gruppe übertragen wird. US-Forscher haben nun völlig neuartige Moleküle entdeckt, die das bewerkstelligen - und werfen damit die bisherigen Vorstellungen über die interne Kommunikation der Zelle über den Haufen.  
Bislang war man der Meinung, dass vor allem das Molekül ATP imstande ist, Proteine von ihrer inaktiven in ihre aktive Form überzuführen. Wie Forscher um Solomon Snyder von der Johns Hopkins University berichten, weist die Verbindung "Inositol-Pyrophosphat" dieselbe Fähigkeit auf. Die Entdeckung wird als Sensation gewertet - zumindest bei Biochemikern.
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Die Studie "Phosphorylation of Proteins by Inositol Pyrophosphates" von Adolfo Saiardi et al. erschien im Fachjournal "Science" (Band 306, S. 2101-5, Ausgabe vom 17.12.04).
->   Science
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Proteine - Exekutive in der Zelle
Die DNA bezeichnet man in ihrer Rolle als Informationsspeicher gerne als Legislative in der lebenden Zelle, während Proteine eher die Rolle der Exekutive übernehmen. Sie arbeiten als Enzyme, Strukturstoffe, Membrankanäle und dergleichen mehr, sind also die Alleskönner im biochemischen Konzert der Moleküle.
Ein- und Aus-Schalter
Viele Proteinen besitzen allerdings so etwas wie einen "Ein-" und "Aus-Schalter": Wird ihnen eine so genannte Phosphatgruppe übertragen (man spricht dann von einer Phoshporylierung), dann werden sie aufgrund einer Konformationsänderung chemisch aktiv. Ist das nicht der Fall, dann bleiben sie gewissermaßen in Ruhestellung.
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Phosphorylierung
Als Phosphorylierung bezeichnet man allgemein die Übertragung eines oder mehrerer Phosphorsäurereste auf organische Moleküle. Das passiert zum Beispiel in den Mitochondrien und in den Zellbezirken der Photosynthese (Plastiden), um Energie zu speichern. Dieser chemische Vorgang hat aber auch eine wichtige regulatorische Funktion, wie etwa bei der oben erwähnten Aktivierung von Proteinen.
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"Big Player" ATP
Als wichtigste Quelle von solchen Phosphatgruppen gilt das Molekül Adinosintriphosphat (ATP), das in der Biochemie grundsätzlich große Prominenz besitzt.

Es stellt nämlich zum einen die "Einheitswährung" für energiezehrende Prozesse in der Zelle dar und ist - so dachte man - auch exklusiv an der Aktivierung von Proteinen beteiligt:

"Niemand hätte auch in einer Million Jahren daran gedacht, dass es eine anderen Weg gibt, als Phosphatgruppen an Proteine via ATP zu übertragen", betont der Senior-Autor der Studie, Solomon Snyder.
->   Mehr zu ATP bei Wikipedia
Neuer Hauptakteur entdeckt
Umso größer war die Überraschung der Forscher, als sie einen neuen Hauptakteur im Spiel der Proteinaktivierung fanden. Ihre Experimente ergaben, dass auch so genannte Inositol-Pyrophosphate aus lahmen Proteinen betriebsame Helfer in der Zelle machen.

Und dieser Vorgang könnte ziemlich verbreitet sein: Snyder und Mitarbeiter vermuten, dass diese neue Form der Zellkommunikation neben der Hefe auch im Menschen vorkommt, und zwar vor allem im Gehirn. Die Inositol-Pyrophosphate dürften maßgeblich an der Freisetzung von Signalstoffen im Nervensystem beteiligt sein.

Robert Czepel, science.ORF.at, 17.12.04
->   Johns Hopkins University
 
 
 
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01.01.2010