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"Schnappschuss" von Elektronen in Aktion  
  Kanadischen Forschern ist es erstmals gelungen, eine Art "Schnappschuss" in der Welt der Moleküle zu machen. Möglich wurde dies durch die Entwicklung der so genannten Laser-Tomografie, die Elektronenwolken sichtbar macht.  
Wie ein Team um um D.M. Villeneuve vom National Research Council in Kanada berichtet, hat man auf diese Weise die äußere Elektronenhülle eines Stickstoffmoleküls "geblitzt".
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Die Studie "Tomographic imaging of molecular orbitals" von J. Itatani ist in "Nature" (Band 867-871, Ausgabe vom 16.12.04) erschienen.
->   Original-Abstract
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Orbitale sind keine Mini-Planeten
Bild: Nature
Elektronen schwirren zwar mit unglaublich hoher Geschwindigkeit um den Atomkern, leider ist aber das nahe liegende Bild eines Mini-Planetensystems im Zeitraffer irreführend.

Orbitale, wie man die Atomhüllen auch bezeichnet, sind eigentlich keine Flugbahnen, sondern lediglich Regionen, in denen sich die Elektronen mit besonders hoher Wahrscheinlichkeit aufhalten.
Verschiedene Flugformen
Das sagen zumindest die Physiker, wenn sie die berühmte Schrödinger-Gleichung lösen. Jedenfalls kann man auf diese Weise die mannigfaltigen Orbitalformen herleiten, mit denen wir im Chemie-Unterricht gequält wurden: s-Orbitale sind kugelförmig, p-Orbitale hantelförmig, d-Orbitale haben die Form einer Rosette usw.
->   Orbitalmodell bei Wikipedia
Bisher nicht gesehen
Allerdings: Gesehen hat man ein Orbital bislang in "freier Wildbahn" noch nicht. Das liegt unter anderem daran, dass man mit der einer Messung eines Elektrons dessen späteres Verhalten maßgeblich beeinflusst. Auch in dieser Hinsicht unterscheiden sich Atome von Planetensystemen.
Mit Tomografie nun gelungen
Wie man trotzdem ein Bild von den schwirrenden Elektronen machen kann, haben nun Forscher um D.M. Villeneuve vom National Research Council in Kanada gezeigt. Die findigen Wissenschaftler griffen dabei auf das Prinzip der Tomografie zurück, die in der Medizin schon seit vielen Jahren gute Dienste tut.
Femtosekunden-Laser schaffen 3-D-Bild
Bei der medizinischen Tomografie wird das Innere des menschlichen Körpers mit Hilfe von zweidimensionalen Röntgenbildern rekonstruiert, so dass ein dreidimensionale Bild entsteht.

Villeneuve und Kollegen haben nun dasselbe Prinzip auf ein Stickstoffmolekül (N2) angewendet, verwendeten allerdings anstatt von Röntgenstrahlen ultrakurze Laserpulse mit einer Frequenz von zwei Femtosekunden.
Valenzelektronen geben Lichtwellen ab
 
Bild: Nature

Mit Hilfe des Lasers regten die Forscher die Valenzelektronen des Stickstoffs an, um es kurz darauf wieder in seine natürliche Position zurückzudrängen. Ein Effekt, der von dem wechselnden elektrischen Feld der Laserwelle herrührt.

Entscheidend für die Visualisierung der Elektronenhülle ist nun folgendes: Wird das Elektron in seine ursprüngliche Lage zurückgedrängt, gibt es eine Lichtwelle ab, die wiederum charakteristische "Obertöne" enthält.

Wiederholt man das Prozedere viele Male aus verschiedenen Winkeln, kann man auf diese Weise die Orbitale der Valenzelektronen rekonstruieren (siehe Bild).
Methode auch für chemische Reaktionen geeignet
Genau das haben Villeneuve und Mitarbeiter getan: Auf diese Weise entstand ein hübscher "Schnappschuss" aus der Welt der Elektronen. Die Methode dürfte nach Angaben der Autoren auch geeignet sein, chemische Reaktionen in ihrem Verlauf abzubilden.

Dies könnte wiederum einen angewandten Nutzen haben, etwa bei der Entstehung fehlgefalteter Proteine, wie etwa der Auslöser der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit.

[science.ORF.at, 21.12.04]
->   National Research Council, Kanada
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Erste direkte Beobachtung von Elektronen (23.10.02)
->   Ein Blick in das Innere der Atome (29.11.01)
 
 
 
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01.01.2010